Sonntag, 30. Juni 2013

Tag 296

Gut gegessen und gut durchgeschüttelt.
Zum Glück gibt es bei Judith auch einen krähenden Hahn und während Claralein noch friedlich neben mir schläft, höre ich dem Hahn zu und fühle mich wie zu Hause.
Das Haus von Judith war schon bei Dunkelheit beeindruckend, aber im Hellen sieht alles noch viel verwunschener und schöner aus. Das Haus liegt abgelegen auf einem Berg und ist umringt von einem wunderschönen Garten mit Bananenstauden. Ein bisschen ein Gefühl von Urlaub.
Nach 296 Tagen sitze ich zum Frühstück mit den Mädels im Garten eines Schweizer-Cafés und wir genießen echtes, wirklich ganz ganz echtes Körnerbrot, mit Müsli und Marmelade. Wir schwelgen in Erinnerungen was wir an Deutschland vermissen, aber schieben den Gedanken, dass es genau heute nur noch 2 Monate sind sprich 8 Wochenende, schnell weit weit weg.
So wie ich mir nicht vorstellen konnte hier wirklich zu Leben, kann ich mir nicht vorstellen wirklich wieder zu gehen.
Nicht mehr im Laden um die Ecke alles auch in kleinen Mengen kaufen zu können, mit 25 cent Bus zu fahren oder mein Pan de Dulce für 15 centavos bei der Lieblingsbäckerei zu kaufen. Nicht mehr jeden, egal ob man ihn eben kennt oder das erste Mal sieht, fröhlich mit einem Backenkuss zu begrüßen und nicht mehr auf Spanisch wild los plappern, was einfach ein ganz anderes Gefühl ist als deutsch zu reden.
Bei Gulasch und deutschen Spätzlen zum Mittagessen überwiegte jedoch doch wieder die Vorfreude auf Kochabenden mit Papa und einem gemütlichen Familienessen am Wohnzimmertisch. Und so schwankt die Vorfreude zu ich will nicht und wieder zur Vorfreude.
Der Bus von Otavalo nach Ambato ruckelig oder vielleicht ist es auch die Straße, jedoch sind wir nach 5 Stunden ziemlich durchgeschüttelt.
Auf dem Weg fahren wir vorbei an Häusern, die irgendwie noch nach Rohbau aussehen, aber einfach so bleiben, an Weiden und Fabriken und zwischendurch an hochmodernen Häusern wie den Polizeistationen oder Centren für Wasser etc. Schaut man sich die Straßen an, die Infrastruktur und auch die Bemühungen um Touristen würde ich sagen Ecuador im Umbruch. Auch das neu verabschiedete Mediengesetzt, welches unteranderem beinhaltet, dass im Radio 50 % ecuadorianische Musik gespielt werden muss oder auch die Einführung der Kindergarten- bzw. hier Vorschulpflicht zeigen irgendwie, dass sich etwas bewegt. Dennoch bewegt es sich in meinen Augen etwas einseitig. Das Schulsystem wird nicht reformiert und auch im Fernsehen oder Radio ist nach meiner Auffassung kein richtiger Platz für fundierte Kritik. Und so redet der Präsident weiter jeden Samstag 2 Stunden lang über seine Erfolgserlebnisse der Woche, denn dafür ist, sowie für die neue Talentshow, im Radio und Fernsehen Platz.

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