Sonntag, 30. Juni 2013

Tag 296

Gut gegessen und gut durchgeschüttelt.
Zum Glück gibt es bei Judith auch einen krähenden Hahn und während Claralein noch friedlich neben mir schläft, höre ich dem Hahn zu und fühle mich wie zu Hause.
Das Haus von Judith war schon bei Dunkelheit beeindruckend, aber im Hellen sieht alles noch viel verwunschener und schöner aus. Das Haus liegt abgelegen auf einem Berg und ist umringt von einem wunderschönen Garten mit Bananenstauden. Ein bisschen ein Gefühl von Urlaub.
Nach 296 Tagen sitze ich zum Frühstück mit den Mädels im Garten eines Schweizer-Cafés und wir genießen echtes, wirklich ganz ganz echtes Körnerbrot, mit Müsli und Marmelade. Wir schwelgen in Erinnerungen was wir an Deutschland vermissen, aber schieben den Gedanken, dass es genau heute nur noch 2 Monate sind sprich 8 Wochenende, schnell weit weit weg.
So wie ich mir nicht vorstellen konnte hier wirklich zu Leben, kann ich mir nicht vorstellen wirklich wieder zu gehen.
Nicht mehr im Laden um die Ecke alles auch in kleinen Mengen kaufen zu können, mit 25 cent Bus zu fahren oder mein Pan de Dulce für 15 centavos bei der Lieblingsbäckerei zu kaufen. Nicht mehr jeden, egal ob man ihn eben kennt oder das erste Mal sieht, fröhlich mit einem Backenkuss zu begrüßen und nicht mehr auf Spanisch wild los plappern, was einfach ein ganz anderes Gefühl ist als deutsch zu reden.
Bei Gulasch und deutschen Spätzlen zum Mittagessen überwiegte jedoch doch wieder die Vorfreude auf Kochabenden mit Papa und einem gemütlichen Familienessen am Wohnzimmertisch. Und so schwankt die Vorfreude zu ich will nicht und wieder zur Vorfreude.
Der Bus von Otavalo nach Ambato ruckelig oder vielleicht ist es auch die Straße, jedoch sind wir nach 5 Stunden ziemlich durchgeschüttelt.
Auf dem Weg fahren wir vorbei an Häusern, die irgendwie noch nach Rohbau aussehen, aber einfach so bleiben, an Weiden und Fabriken und zwischendurch an hochmodernen Häusern wie den Polizeistationen oder Centren für Wasser etc. Schaut man sich die Straßen an, die Infrastruktur und auch die Bemühungen um Touristen würde ich sagen Ecuador im Umbruch. Auch das neu verabschiedete Mediengesetzt, welches unteranderem beinhaltet, dass im Radio 50 % ecuadorianische Musik gespielt werden muss oder auch die Einführung der Kindergarten- bzw. hier Vorschulpflicht zeigen irgendwie, dass sich etwas bewegt. Dennoch bewegt es sich in meinen Augen etwas einseitig. Das Schulsystem wird nicht reformiert und auch im Fernsehen oder Radio ist nach meiner Auffassung kein richtiger Platz für fundierte Kritik. Und so redet der Präsident weiter jeden Samstag 2 Stunden lang über seine Erfolgserlebnisse der Woche, denn dafür ist, sowie für die neue Talentshow, im Radio und Fernsehen Platz.

Tag 295

Ambato ist um halb 6 morgens ziemlich kalt und Otavalo wirklich schön.
4 1/2 Stunden sitze ich also alleine im Bis, weil meine liebe Clara ein bisschen verschlafen hat und lerne eine ganz neue Strecke kennen. Weiter in den Norden.
Otavalo ein Städtchen mit hübschen Straßenlaternen, netten Bars, einem tollen Markt und vielen vielen Musiker-Freunden von Judith. Nach Käffchen und Schwätzchen im Park, Einkaufsbummel über den großen Markt und ich bin stolzer Besitzer einer neuen Tasche und Hippie-Hose, die hier ein absolutes Muss ist :) der indigenen Anteil und auch die Stellung der Indigenas in der Gesellschaft ein ganz anderer als zum Beispiel in Ambato.
Am Abend von allem etwas: Soanisches Abendessen bei Kerzenschein und Blick über die Stadt auf der Dachtetrasse, Konzert mit Gedichten und Gitarre und Gesang und anschließend von San Juanito bis Reggeaton tanzen.

Freitag, 28. Juni 2013

Tag 294

Konzertabend. Vorher bauen wir aber noch einen Sonnenschutz und ich kaufe was zum Anziehen.
Mein Freitag beginnt um viertel nach 6 mit einem Anruf bei Markus, schließlich ist heute Abiball und ich schaffe es gerade so pünktlich zur Arbeit. Aber gar nicht mal, weil das Gespräch so lange dauert, sondern ich mich mit Tee kochen, Frühstück machen und duschen mal wieder verzettele. :)
Wir proben also ein bisschen das Chorstück und haben ein neues altes Gesicht. Jimena, die  seit 2 Jahren in Quito studiert ist für ihre Semesterferien also nun hier und singt von nun an mit, spielt mit und macht auch sonst allen Spaß mit, der Rommel so einfällt. :)
Generalprobe für heute Abend auf der Terrasse. Jedoch ist die Sonne ein Problem. Also kaufen wir spontan Folie, 3 Meter hohe Holzpflöcke und bauen ein Sonnensegel. Mit einer Stunde Verspätung fangen wir dann also an zu proben bzw. ich beginne einfach nur ab und an zu rasseln und die Partituren der restlichen mit Wäscheklammern vor dem Wind zu schützen. Um 1 fahren Jimena und ich ins Centro, da noch ein Outfit fehlt. Traditionelle Bluse. Für 8 Dollar sitze ich hier also nun mit weißer Bluse mit Blumenstickerei und fühle mich ganz traditionell. ;)
Schnelles Mittagessen zu Hause, umziehen und um 4 beladen wir den Bus mit Kabeln, Mikros, Monitoren, Schlagzeug, Cello, Gitarre, Notenständern, Rasseln, Flöten und 12 Personen. Als wir 1 1/2 Stunden später in Banos ankommen geht's erst mal essen so wie immer und anschließend aufbauen. Die Bühne steht bereits bereit und der Soundcheck sehr gewöhnungsbedürftig. Die "Bühnentecknik" macht einen etwas überforderten Eindruck. Am Ende haben trotzdem alle ein Mikro und während des Konzerts halte ich die zweijährige Amy davon zu ihrem Papa ans Schlagzeug zu laufen.
Bei Cede laden wir also alles wieder aus und Rommel macht sich auf den Weg nach Cuenca. Um 12 Uhr abends lediglich mit einer Plastiktüte. Typisch Rommel.
Ich dagegen habe nun also keine Plastiktüte, sondern meinen Rucksack gepackt und morgen früh um halb 6 gehts mit Claralein zu Judith nach Otavalo. :)

Donnerstag, 27. Juni 2013

42 Wochen

Wie jeden Morgen ziehe ich um kurz vor halb 8 meine Schuhe an, heute ist es kalt, laufe die Treppe runter, über den Hof der Werkstatt und versuche das große Eisentor leise zu schließen, ich scheitere. Gerade als ich also die Tür geschlossen haben halten 2 Autos. Das Erste: die singende Müllabfuhr, bei Gelegenheit suche ich mal das Lied. Das zweite Auto: ein gelber Schulbus. Der Fahrer sieht mich eingemummelt in meine Regenjacke, erkennt mich wieder, denn wir begegnen uns jeden Morgen und nimmt mich mit bis zur Haltestelle von der es nur noch 2 Minuten zu meiner Arbeit sind.
So sitze ich also zwischen kleinen 4-jährigen in Faltenrock, weißen Kniestrümpfen, Zöpfen und Schulranzen größer als sie Selbst. Alle noch etwas schläfrig und die Regentropfen machen Wettrennen an der Scheibe.
Als ich ankomme ist es gerade mal kurz nach halb 8 und ich habe Zeit für mein tägliches aufräumen, Raum wischen und Stühle stellen. Das erstaunliche ist, dass auch bei 3 Mal täglich wischen wieder genug Staub für den nächsten Morgen da ist. Die einzige Möglichkeit wären wohl Hausschuhe, um den ganzen Straßenschmutz nicht immer mitzubringen, aber dann hätte ich von halb 8 bis 8 ja nichts mehr zu tun. ;)
Am Morgen ist hier eher Weltuntergangs-Regen, aber ich mache trotzdem einen Ausflug zu meinen Freunden der Paketstation und darf bis um 1 ein bisschen rasseln.
Als ich mich nach der Mittagspause wieder auf den Rückweg mache, um ein weiteres Päckchen zu verschicken, siebt meine Gastmama Maismehl für eine neue Fuhre Maisbrötchen :)
Als ich um halb 8 von meiner Deutschstunde zurückkomme duftet das ganze Haus. Meine Deutschstunde ganz unterhaltsam dank Mama der Schülerin. Ich habe gleich noch wunderbare Fischsuppe serviert bekommen, die nicht ganz nach meinem Geschmack war, aber ablehnen geht schlecht.
Und nun sitze ich auf der Couch und schaue mit meinen Gasteltern "La Familia Peluche", ecuadorianische Comedy und dazu macht meine Gastmama bei meinem Gastpapa und mir Nagelpflege. Mein Gastpapa und seine Mechanikerhände und ich mit meinen Jugo de Mora Händen, da die Brombeeren etwas abgefärbt haben ;)

Mittwoch, 26. Juni 2013

Tag 292

Ein Päckchen abholen, welches es nicht gibt und meine ersten Tortillas de Papas.
Probt das Orchester die Stücke für das Schülerkonzert im Juli, stehe ich bei meinen altbekannten Freunden der Paketstation und die Guten stellen den halben Laden auf den Kopf, um einen Umschlag zu suchen, der noch gar nicht da ist. Morgen neuer Versuch.
Auf dem Rückweg kann ich nicht widerstehen und biege bei der Lieblingsbäckerei ab und kaufe noch warmes und duftendes Anis-Brötchen mit bunten Zuckerperlen. :)
Anschließend stellt mir Rommel einen neuen Amigo vor, denn auch er ist der Meinung, dass ich für die letzten 2 Monate noch dringend einen Ecuadorianer brauche. Der arme Kerl sichtlich verwirrt als Rommel anfängt all meine Vorzüge aufzuzählen wie dass ich eigentlich alles kann und super bin. Die Antwort ist ein irritiertes Nicken und "achja, das ist ja schön." :)
Zum Glück ist mir fast nichts mehr peinlich. :)
Bis um 1 spiele rassel ich mit den Rasseln, halte Instrumente, die gerade nicht gebraucht werden und stecke Partituren mit Wäscheklammern fest, denn wir proben für das Konzert am Freitagabend. Auf der Dachterrasse von Cede. Denn auch das Konzert am Freitag findet im Freien statt. Für meine deutsch-ecuadorianischen Leser: Freitag, 28. Juni, 20.30 h  Plaza de la Casa de la Cultura in Banos, Orquesta Tipica de Cedemusica mit mir an den Rasseln. ;)
Zum Mittagessen gibt es mal wieder Reis, Maduros und Menestra und dieses Essen muss ich in den verbleibenden 64 Tagen eindeutig noch 60 Mal essen, sonst werde ich traurig. :)
Meine Chiquitos haben heute darauf bestanden endlich mal wieder zu malen, da wir die letzten 3 Stunden nicht gemalt habe und das immer der Teil ist, auf den sie sich am meisten freuen. Also haben wir heute über die Hälfte der Zeit bunte Noten in Notensysteme gemalt und anschließend noch ein Mäuseorchester ausgemalt. Vorher gabs das neue "Windspiel" bei dem sie Notenkarten auf eine Wäscheleine aufhängen müssen und anschließend kommt der böse Wind, sprich Rommel und sie müssen die Karten retten bevor sie auf den Boden fallen. So simpel, aber man kann sie einfach 60 Minuten damit beschäftigen und es wird ihnen nicht langweilig.
Nach Willys letzter Klavierstunde gehts ins Centro, um die "Uniform" sprich ein traditionelles Hemd für Freitag zu kaufen und anschließend mache ich meine ersten Tortillas. Wie ich bereits gelernt habe gibt es tausend Formen von Tortillas. Tortillas de Tiesto: Erinnert an Brot und ist mit normalem und Maismehl, Wasser bzw. Milch und Eiern zubereitet. Gebacken werden sie in einer Tonschale und manchmal sind sie mit Käse oder Panela, also feinem braunen Zucker gefüllt oder beidem gleichzeitig. Tortilla espanola ist wie Omelett also Ei als Basis und dann kommt rein was man gerade findet und dann gibt es da noch Tortillas de Papas, die auch noch einen anderen Namen haben, den ich leider schon wieder vergessen habe: an sich ist das einfach nur gebratener Kartoffelbrei. Gestampfte gekochte Kartoffeln, mit Ei und Käse zu kleinen Fladen geknetet und gebraten. Die gabs heute und sind mit Abstand meine LIeblings-Tortillas. Obwohl warme Tortillas de Tiesto gefüllt mit Panela dicht folgen.

Dienstag, 25. Juni 2013

Tag 291

Nach 291 Tagen mit Rommel bekomme ich eine SMS, die mehr als die zwei Buchstaben O K enthält. Irgendwann ist immer das erste Mal. Er fragt mich, ob ich das Päckchen verschickt habe und wünscht mir anschließend, dass ich mit den Engelchen träumen soll. Klingt auf Spanisch irgendwie nicht so bescheuert wie so viele andere Dinge auch. :)
Ich war also heute mal wieder bei Santa, um Violinensaiten zu verschicken.
Ansonsten habe ich heute ein Gitter angeschraubt, damit die Kleinen nicht aus dem offenen Fenster fallen, gelernt was Dübel auf Spanisch heißt und ca. 5 Mal das Treppenhaus geputzt. Zum zweiten Mal in den falschen Bus gestiegen, aber es direkt nach der ersten Ecke bemerkt und meine 25 centavos zurückbekommen, meine erste Deutschstunde gegeben und mal festgestellt, dass Unterrichten mit der richtigen Einstellung und Motivation einfach Spaß macht. Von nun an 2 Mal die Woche. So zumindest der Plan.
Am Abend, Sport. Aber nur für die Zunge. Fast 2 Stunden reden mit meiner Gastmama. Über Ecuador, über Rommel, über Cede, über die Chicos, über den Präsidenten, über Verantwortung von Eltern über Kopfrechnen und über Vorurteile.
Und ich stelle mal wieder fest, dass es ein Privileg ist 2 vollkommen verschiedenen Lebensformen kennen zu lernen und leben zu können, die Freiheit und Möglichkeit zu haben, das zu studieren, was mich interessiert und mir dank verschiedenster Einflüsse eine eigene Meinung zu Dingen bilden zu können.

Montag, 24. Juni 2013

Tag 290

Manche Tage haben so ihre Höhen und Tiefen.
Probe mit dem Orchester Tipica in dem ich den Kiefer des Esels "spiele". Leider ist der Gute ein bisschen hart, weshalb meine Hand nun ein bisschen blau ist.
Immerhin ist sie nicht kaputt wie mein iPod-Display. Steinboden und Fall aus der Jackentasche vertragen sich nicht all zu gut. Nun ist der Display also gesprungen, man muss aufpassen, dass man sich nicht schneidet aber laut Rommel: "So ein Mist, das Ding funktioniert ja auch noch."
Zum Mittagessen gibt es Suppe mit Mote. Resteverwertung vom Wochenende und da wir das Kaninchen an die Brüder meines Gastpapas nach Ibarra verschickt haben, bleibt nun gar nicht mal mehr so viel übrig. :)
Gespräch mit Markus über die Zukunft eher deprimierend, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf und meine Chiquitos und mein Geigenunterricht haben mich ganz gut abgelenkt.
Auf dem Heimweg treffe ich meine Gasteltern und wir machen einen Ausflug ins Centro, um den Jungs Brot nach Quito zu schicken. Es gibt auch Brot in Quito, aber die Guten stehen auf die Mandarinen und Empanadas der Nachbarin. So verschicken wir also eine Tüte, die für die ganze Woche reichen sollte für 2 Dollar 50. Es bleibt die große Frage was Essen wir und nach einigen Runden entscheidet sich mein Gastpapa für Fisch. Frisch gebacken in einer riesigen Pfanne am Straßenstrand, dazu die dicken selbst gemachten Pommes und frittierte Banane. Allein bei dem Gedanken an das triefenden Essen vergeht mir der Appetit und meine Gastmama und ich sind glücklich mit Brot und unserem frisch gebackenen Nuss-Bananen-Kuchen. Die Nüsse keine einfach zu knackenden Wallnüsse, sondern welche mit besonders harter Schale. Echtes richtiges Holz, also sitze ich bei schwacher Beleuchtung mit einem Hammer in der Werkstatt und haue auf die Nüsse ein. Das Ergebnis am Ende 2 Hände voll Nüsse und ein leckerer Kuchen. :)

Sonntag, 23. Juni 2013

Tag 289

Der Tag danach. Beim Frühstück um 11 sind die Blicke eher leer und wir fragen uns wann Papa nach Hause kam, das große Rätsel :)
Während die Jungs Fußball spielen gehen, meine Gastmama wäscht suche ich eine neue Laufstrecke. Die von heute eindeutig zu bergig und anschließend ein kleines Sonntag Abend Familien Skypen. Und als ich so in den Kalender schaue und erzähle was als nächstes noch ansteht stelle ich fest: es dauert nicht mehr lange :)
Das Mittagessen mit den Resten von gestern um 5 und so richtig wach ist irgendwie keiner :)
Meine Gastbrüder rechnen nun wild und murmeln leise Integrale und Zahlen. Ich gehe Schlaf aufholen und bleibe nicht wach bis um 12 der Hahn kräht ;)

Tag 288

Fiesta. Fiesta. Fiesta. 3 Mal.
Beim Aufwachen habe ich kein Zeitgefühl und stelle enttäuscht fest, dass es mal wieder erst halb 8 ist.
Um 1 Uhr beginnt der Fiesta-Marathon. Erster Stop allerdings die Mall, um einen Anzug für Diego zu kaufen. Anschließend Fiesta 1.
Fiesta 1 die Kommunion und Konfirmation, in Deutschland wäre es Firmung, zwei meiner neuen Gastcousinen. Wir fahren zur Kirche und Ambato stellt sich mal wieder als Dorf heraus, denn vor der Kirche stehen Fernando und Vero, die ich von Cede kenne. Die Guten beladen mit Instrumenten, Notenständern und als ich ankomme ist der erste Spruch: "Wie gut Sarah, dass du zum Abbauen kommst." ;)
Fiesta 1 findet also nach der Kirche im Haus meiner neuen Tante, der Schwester meines Gastpapas statt. Das Ambiente typisch. Alle sitzen auf Stühlen und es erinnert ein bisschen an ein Arztwartezimmer. Wie man Stuhl an Stuhl gereiht auf das Essen wartet.
3 Mal heute der gleiche Ablauf und jedes Mal doch ein bisschen anders.
Bei Fiesta 1 gibt es insgesamt 6 "Gänge". Von Blätterteiggebäck, Empanada über die obligatorische Suppe, den Hauptgang mit Kartoffeln, Salat, Fleisch und Hühnchenpastete, den Nachtisch bis hin zur Torte. Zwischendrin wird an jeden ein Becher Kleb-Cola verteilt und anschließend folgt der Tanzteil und alkoholische Part. Einer hält die Flasche, ein andere ein Schnapsglas und dann wird rumgereicht. Um 6 sind wir von  Fiesta 1 zurück.
Um 8 fahren Santi und ich Diego ins Centro, denn mein "kleinerer" Bruder begleitet heute eine andere Cousine zum Schulball. Deswegen auch der Anzugkauf. ;)
Santi und ich machen uns also auf den Rückweg, um mit meinen Gasteltern zu Fiesta 2 zu gehen.
Fiesta 2 der 15. Geburtstag und gleichzeitig die Konfirmation der Nachbarstochter mit ca 150 bis 200 Leuten, Bühne, Sänger und einem pompösen rosafarbenen Kleid.
Da wir aber noch eine Einladung zu Fiesta 3 haben, verlassen wir Fiesta 2 bevor die Essensausgabe beginnt.
Fiesta 3 die Konfirmation von Santi, ein andere, der bei uns in der Werkstatt arbeitet. Auch hier Bühne, Sängerin mit 2 wildhüpfenden Tänzern, aber die Party ist im Programm schon weiter fortgeschritten. Während bei Fiesta 2 noch Reden gehalten werden, ist Fiesta 3 schon beim alkoholischen Part und Tanzteil angekommen. Dennoch bekommen wir direkt noch etwas zu essen. Suppe, Kartoffeln, Kaninchen, Mote, Fritada und gebackene Banane. Auch hier ca. 100 Leute und der alkoholische Teil ist wesentlich ausgeprägter als bei Fiesta 1.
Auch hier wird die Runde gemacht, allerdings gibt es wesentlich mehr Ausschenker und ein "Danke, nein" existiert nicht. So machen meine Gastmama und ich also auf exquisite Weinprobenbesucher, behalten den Spaß im Mund bis der Ausschenker sind wegdreht und spucken es eben wieder aus. :)
Während Lady Janet singt und ihr Jungs wild hüpfen versuchen wir zu gehen. Geht man von uns von einer Feier, geht man zum Gastgeber, bedankt sich für den Abend und geht. So habe ich das zumindest irgendwie gelernt.
Funktioniert hier nicht. Hier zählt wegschleichen, zumindest bei solchen großen Feiern.
Wir schnappen uns also unsere Essentüten, denn das was man nicht gegessen hat, wird immer mitgenommen und versuchen zu gehen. Meiner Gastmama gelingt es zu erst. Mein Gastbruder und ich werden noch aufgehalten, tanzen noch eine Runde, aber irgendwann sind auch wir "draußen".
Essenstand: Essen von Fiesta 1 in Tüten, Essen von Fiesta 2 in Tüten.
Als wir bei Fiesta 2 wieder ankommen fange diese gerade mit der Suppe an und kaum sitze ich auf meinem weißen Plastikstuhl zwischen den rosafarbenen Girlanden habe ich auch schon einen Becher heiße Supper in der Hand. Ich kann aber einfach nicht mehr.
So wie auch der Rest meiner Familie. Zum Glück werden schon vor dem Essen Tüten ausgeteilt und so landet wirklich alles Essen unberührt in den Tüten. Das Essen im Übrigen igual wie bei Fiesta 3. Haargenau.
Um halb 1 holen Santi und ich Diego wieder ab und tragen zu 3. insgesamt 10 Tüten Essen hoch und versuchen sie im Kühlschrank unterzubekommen.
Gerade als alles seinen Platz gefunden hat wird es dunkel, die Musik von nebenan verstummt und wir haben keinen Strom mehr. Fast eine halbe Stunde und so sitze ich mit meinen Gastbrüdern bei Kerzenschein im Wohnzimmer.
Mittlerweile spielt die Band von nebenan wieder, wenn auch etwas schief und es ist halb 3. 

Samstag, 22. Juni 2013

Tag 287

Ein kalter Abend, wenn auch zu Hause nur schwer vorstellbar.
Das Orchester stimmt, mittlerweile habe ich den Dreh mit dem Geige stimmen halbwegs raus und ich höre zu wie sie San Juanito, Pasillos und andere traditionelle Sachen spielen. Dazu suche ich zu den einzelnen Liedern Hintergründe, Texte und Informationen über den Komponisten für das Programmheft raus.
Kurz vor meiner Mittagspause erklärt mir Rommel seine 10 größten Probleme, Nr. 1 bin ich. Nein, natürlich nicht, aber die Antwort ist typisch Rommel. Auf jeden Fall haben wir nun eine Reihenfolge aufgestellt, aber so wie ich Rommel kennen hält er sie eh nicht ein und macht weiterhin alles durcheinander und versucht alles auf einmal zu lösen, organisieren und koordinieren.
Statt mich wie geplant um 5 in den Bus nach Otavalo zu setzen, sitze ich im Waschsalon und wasche meine Wäsche. Zum Trockenen habe ich leider keine Zeit, denn es folgt ein kalter Abend mit Willy und seinem Freund Erick, auch kurz Sambo genannt und wir laufen gefühlt durch ganz Ambato, bleiben vor zahlreichen Tanzveranstaltungen und Clubs stehen ohne reinzugehen und um halb 12 dann doch ein Taxi nach Hause zu nehmen.
Hier mein Gastruder noch wach und für eine kleine Geschwister-Konversation ist es nie zu spät. :)

Donnerstag, 20. Juni 2013

41 Wochen

Alfajores - Kekse mit Manjar und Kokos


 
Zutaten: 250 Gramm weiche Butter (nur weich, nicht flüssig), 150 Gramm Puderzucker, 4 Eigelb, 300 Gramm Mehl, 200 Gramm Maizena (sprich Maisstärke), Manjar auch bekannt als Dulce de Leche, Puderzucker zum bestreuen und Kokosflocken.











Weiche Butter mit Puderzucker verkneten. Nur mit den Fingerspitzen, da der Teig mit den Handflächen zu warm wird. Eigelb nach und nach hinzufügen. Das Mehl abwiegen mit Maizena mischen und nach und nach in die Butter-Zucker-Eigelb-Masse sieben. Mit den Fingerspitzen verkneten.











Der Teig ist weich und braucht keine Flüssigkeit mehr. Nur ein bisschen Geduld bis alles gut vermengt ist. Den Teig in Folie für ca. 15 Minuten in den Kühlschrank legen.





Ca. 0,5 cm dick ausrollen und Kreise, Herzen, Vögel oder Quadrate ausstechen. Ich empfehle Kreise.
Bei ca. 180 Grad backen. Nicht braun werden lassen und anschließend geduldig warten bis die Kekse kalt sind.








Dulce de Leche oder auch Manjar gibt es hier in jedem Supermarkt zu kaufen. Laut Google kann man es aber auch selbst machen. Sollte ich am Ende tatsächlich im Koffer Platz finden, wird Manjar importiert. So wie auch einige andere Dinge.








Hat man also Majar zur Verfügung bestreicht man eine Seite der Kekse, klebt eine andere drauf und umrundet die "Schnittstelle" mit Manjar.




Die Ecken in Kokosflocken tauchen und anschließend mit Puderzucker bestreuen.










Wunderbar süß und eigentlich aus Argentinien. 

Sollte das mit dem Studium und dem restlichen Berufsleben nichts werden, werde ich Kochbuchautor. Der Titel: Ecuador und seine Küche - wie man sicher, aber geschmackvoll zunimmt. ;)





Mittwoch, 19. Juni 2013

Tag 285

"Sarita, ich glaube dein Zungenmuskel ist der meist genutzte Muskel deines ganzes Körpers." Meine Gastmama kommt immer häufiger in den Genuss von Sarah-Redeanfällen, aber ich rede ihr immer noch zu wenig. ;) Ausgiebiges Training auch beim Käffchen am Abend mit Claralein.
Davor allerdings ein Mittwoch an dem ich auf Papiersuche gehe, Rommel gestresst ist und meine Kleinen mir Geheimnisse ins Ohr flüstern.
Die Papiersuche beginnt im Centro, denn unsere Papiervorräte gehen zu neige und wir benutzen benutztes Papier für Kopien von Partituren etc.
So gehe ich also rum, stelle mich vor, sage meinen "Hätten-Sie-vielleicht-benutztes-Papier-Text" auf und kehre mit einer schweren Tasche zurück.
In der Zeit probt das "Orquesta típica" für den Auftritt nächsten Freitag und noch sitzen nicht alle Noten und Rhythmen. Rommel angespannt. Statt zu spielen, spiele ich Babysitter und schaue der zweijährigen Amy zu, wie sie ca. 100 mal die Stiftebox ein und wieder ausräumt ohne auch nur einen Strich zu malen. Amy, die Tochter von Fernando unserem Allround-Talent (Nikolai, bei dem Wort musste ich gerade grinsend an dich denken), der 2 Jahre älter ist als ich und verheirateter glücklicher Papa. Die Mama dazu seit letzter Woche ebenfalls zweiundzwanzig. :)
Nach dem Mittagessen gibt es also wie immer mittwochs musikalische Früherziehung und als wir beim Malteil angekommen sind, beugt sich Karlita zu mir und flüstert mir Geheimnisse, die ich natürlich für mich behalte, sonst wären es ja keine Geheimnisse. ;)
Manchmal frage ich mich wie ich zu Hause in die Uni gehen soll ohne wehmütig an meine Kleinen zu denken, die in 71 Tagen ohne mich malen und singen werden.

Dienstag, 18. Juni 2013

Tag 284

Ein Paket und Geschichten über Geschichten.
Der Morgen beginnt mit Chorprobe. Es folgt ein Ausflug ins Centro, um die Telefonrechnung zu bezahlen und ein Versuch den Staubsauger zu reparieren.
Zum Mittagessen gibt es Patacones und eine ausführliche Berichterstattung von gestern Abend für meine Gastmama. Anschließend bleibt noch ein bisschen Zeit für Kathrin-Austausch. Der Nachmittag geht weiter mit Chorprobe, Orchester und endet bei Santa, dem Paketservice. Das Paket mal wieder unhandlich und im Bus etwas sperrig. Meine Paketservice-Verehrer natürlich auch heute da und Rommel meinte ich solle beginnen mit einem Augenaufschlag Rabatt raus zu handeln. Hat nicht geklappt. ;)
Zu Hause beginnen meine Gastmama und ich gerade mit Tortillas de Tiesto als wir spontanen Besuch bekommen. Bekannte aus dem Heimatkaff meiner Gasteltern. Bis fast halb 12 gibt es Geschichten über Geschichten über Geschichten.
Zwischendrin stehe ich mit meiner Gastmama am Tiesto, also an der Tonschale auf der wir die Tortillas backen und drehe und wende Tortillas. Langsam habe ich den Dreh raus. Und nun, nun bin ich müde und morgen ist die halbe Woche schon wieder rum.


Montag, 17. Juni 2013

Tag 283

Quito 6, der Staubsauger und eigentlich längst Schlafenszeit. ;)
Ich fange von vorne an: Der Staubsauger. Hier eher selten zu finden, aber bei Cede gibt es einen. Bis vor wenigen Tagen hat dieser auch noch einwandfrei funktioniert. Bis Rommel den Drang verspürte rauszufinden wie er funktioniert. Nun funktioniert er nicht mehr. Oder zumindest nicht mehr so wie er soll. Der Hightech-Staubsauger funktioniert mit Wasser statt mit einem Staubsaugerbeutel. Beim Zusammenbauen ist dem Forscher-Rommel aber wohl irgendwas nicht ganz gelungen, denn nun läuft leider das schmutzige Wasser aus allen möglichen Öffnungen, was jetzt nicht unbedingt ganz ungefährlich ist, wenn man bedenkt, dass ein Staubsauer bekanntlich mit Strom funktioniert. Dieser auch.
So habe ich also den Boden traditionell mit Besen und Tuch gewischt. Rommels Kommentar: "Ja, Sarita, normalerweise machst du doch immer die Sachen kaputt. Aber heute nehme ich die Schuld auf mich. Ausnahmsweise." - ach wie gütig. :)
Beim Mittagessen gibt es Menestra und ich glaube meine Familie zu Hause muss schon mal einen Linsen-Vorrat anlegen. :)
Meine Chiquitos werden um 4 alle pünktlich abgeholt und ich mache mich mit Willy auf den Weg nach Riobamba zum Konzert von Quito6. Quito 6 ist ein Ensemble mit Flöte, Oboe, Klavier, Kontrabass, Cello und Geige. Das Konzert findet im Rahmen der Kultur-Woche der Uni statt und die Uni fasziniert mich. Ich sage es aber nicht zu laut, denn die Uni feiert sich selbst schon genug. Vor dem Konzertbeginn eine Reúnion von allen möglichen wichtigen Persönlichkeiten wie der Königin von Riobamba sowie dem Bürgermeister und Architekten der Uni. Eine halbe Stunde wird aufgezählt was die Uni alles hat zum Beispiel ein Theater mit einer Bühne mit Licht und Vorhang bevor die Hymne von Riobamba gesungen wird und anschließend das Konzert beginnen kann.
Der Pianist der Gruppe schickt derweil Nachrichten an uns, dass ihm langweilig ist. Ich stelle fest, dass die Musikerszene in Ecuador einfach klein ist.
Der Pianist, der Klavierlehrer von Willy und Erick und gleichzeitig auch immer der Pianist bei unseren Klassenvorspielen bei Cede. Der Flötist der Onkel von Erick, unserem anderen Voluntario und der Kontrabassist der Freund von der Schwester des Pianisten.
Im Programmheft eine Vorschau für das Symphonie Orchester von Ecuador und auch hier ziemlich viele bekannte Gesichter wie der Bruder des Pianisten, eine Schwägerin von Rommel und weitere Verwandte von Erick. :)
Das Programm von Quito 6 eine Mischung aus traditioneller Musik und Klassik. Der Klang schwer zu beschreiben. Aber hätte man nicht gesehen, dass 6 verschiedene Instrumente spielen, hätte man keins besonders heraushören können. Ein Einklang, unglaublich.
Nun ist es 12 Uhr und der Hahn kräht. Es wird also Zeit fürs Bettchen. :)

Sonntag, 16. Juni 2013

Tag 282

Vatertag. Um 7 kann ich nicht mehr schlafen, vorm Frühstück tanzen meine Gasteltern im Wohnzimmer und um halb 10 überlegen wir wo wir heute hinfahren. Wir entscheiden uns für den Quilotoa. Eine Lagune, ein Kratersee auf fast 4.000 m 2 1/2 Stunden von Ambato entfernt. Auf der Autofahrt Panflötenmusik und mein Gastpapa singt begeistert mit.
Auf 4.000 m windig, zugig, sonnig und ein wunderschöner Ausblick. Der Abstieg zum Kratersee nicht mehr windig, warm, rutschig und ebenfalls sonnig. Der Aufstieg, heiß, anstrengend, rutschig und einfach nur anstrengend. Liebe Nina und liebe Julia, wir haben kein armes Pferd genommen, sondern sind brav alles wieder hochgelaufen was wir vorher runtergelaufen sind. ;)
Die Rückfahrt kurvig, mein Gastpapa fährt Auto wie er leibt und lebt, ziemlich wild. ;) Ich konzentriere mich auf die Straße, während meine Gastbrüder zu meiner rechten und linken Seite friedlich schlafen.
Mis Locos - meine verrückten Gasteltern;)

Lagune

Brüderchens

Der Aufstieg

Schäfchen

Samstag, 15. Juni 2013

Tag 281

Backe Backe Kuchen oder auch nicht.
Als ich aufwache habe ich das Gefühl als wäre es 10. Leider ist es gerade mal halb 8. Von unten dröhnen schon die Maschinen und der verwirrte Hahn, der nachts um 12 kräht, kräht auch um 8. Ich skype also ein bisschen mit Mama und Papa, mache einen kleinen Spaziergang zum Kreisel und gehe mit meinem Gastpapa Mittagessen, weil der Rest noch auf dem Rückweg von Quito ist. Die Guten treffen wir allerdings beim Mittagessen und mein Gastpapa ergreift die Chance der Bedienung von meinen tausend ecuadorianischen Verflossenen zu erzählen, die ich allerdings nicht haben. :)
Kein Tag vergeht an dem er mir nicht einen ecuadorianischen-Lover vorschlägt. Mein Interesse bleibt allerdings, wie schon die vergangenen 9 Monate, begrenzt.
Zu Hause sitze ich mit meinen Gastbrüdern im Kreis und wir suchen einen Ort für den Vatertagsausflug morgen. Mit meiner Gastmama blättere ich anschließend Backbücher durch und wir entscheiden uns für Oreo-Maracuja-Torte. Santi, mein großer Gastbruder und ich machen uns also mit einer Einkaufsliste auf den Weg zur "Nachbarin" wie es so schön heißt. Ich liebe Tante Emma Lädchen in denen es von Maracujas für 25 cent bis hin zu Kondensmilch alles zu kaufen gibt.  Und so zerkleinern wir also Oreokekse, Rühren Maracujasaft und warten bis die Torte im Kühlschrank "backt". In der Zwischenzeit fahren Santi und ich ins Centro, um meinem Gastpapa ein Haarbürstenset zu Vatertag zu kaufen. Der Gute ist heute morgen durch ganze Haus gerannt und hat geschrien, dass er das Haus nicht verlassen kann, weil es keine Bürste gibt mit der er sich hübsch machen kann.
Vielleicht widme ich demnächst meinem Gastpapa, seinen Geschichten und Aktionen einen eigenen Blogeintrag. Von "Sarita, mir schmerzt mein Herz, wenn du nicht mit mir redest", obwohl ich gerade einfach nur meine Suppe löffele bis "Sarita, schau der Chico, der ist was für dich den sprechen wir jetzt an" ist alles dabei.
Um 9 ist also unsere Torte fertig, vorher gibt es noch Tortillas, eine der tausend Formen und einen Youtube Abend mit meinen Gastbrüdern. Noch ist es nicht 12, aber statt dem Hahn höre ich die Kuh drei Häuser weiter muhen und die Musik einer Fiesta wie fast jedes Wochenende. Die Musik nur schwer zu beschreiben. Eine Mischung aus Redegesang und immer dem gleichen Rhythmus.

Freitag, 14. Juni 2013

Tag 280

336 Klebestreifen später haben meine Chiquitos nun "laminierte" Noten-Spielkarten. Das stundenlange monotone Kleben hat sich gelohnt, denn alleine heute beim intensiven Spieleinsatz wären die Karten ohne Klebeband schon längst kaputt.
Am Morgen kann ich jedoch wieder nur den Kopf schütteln. Bevor ich um halb 8 das Haus verlasse erklärt mir meine Gastmama wie ich die Krankenversicherungspapiere für Cede ausdrucke, damit Evi das heute bezahlen gehen kann.
Ich komme ins Büro, öffne die Homepage, versuche zu drucken und es geht nicht. Zumindest nicht mit dem einen Programm. So öffne ich also die Datei mit einem anderen Programm, die Seite öffnet sich, Papier ist im Drucker und es fehlt nur noch zu drucken, als Rommel eingreift. Rommel stoppt mich also, nimmt alles selbst in die Hand und schließt statt zu drucken alle Fenster. Auf die Frage warum er das Dokument nun nicht gedruckt hat: "Ne, ich will schauen warum das andere Programm zum Öffnen nicht funktioniert."
Man kann es Neugierde nennen oder Suche nach Arbeit, wenn man es auch einfacher haben kann. Nach einer Stunde hat er festgestellt, dass es wohl einfach nicht geht.
In solchen Situationen habe ich ab und an das Bedürfnis ihn zu schütteln, aber jeder verfolgt seine eigene Arbeitsweise. :)
Zum Mittagessen gibt es für mich statt Reis, Menestra, also Linsen und gebackenen Bananen, einfach eines meiner Lieblingsessen, einen weiteren Eimer Guavensaft und lediglich Nudelsuppe und ein bisschen Kartoffelbrei ohne alles. Trauriger Anblick, aber eindeutig die richtige Entscheidung von meiner Gastmama.
Der Freitag Nachmittag ist mit Chiquitos, Geigenunterricht und Rhythmus-Gruppe gut gefüllt und kurz nach der Arbeit ruft meine Gastmama an, ob es ok für mich ist, wenn sie die Nacht ihn Quito bleibt, da die Jungs erst morgen zurückfahren und sie sie dann mitnehmen kann. Nach diesem Anruf habe ich meine Gastfamilie einfach noch ein bisschen mehr lieb, wenn dies möglich ist. ;)
So bleibe ich also alleine mit meinem Gastpapa und unterhalte mich mit ihm über Bildung, den restlichen Teil seiner Familie, Geld, Werte im Leben und noch so einige andere Dinge, bevor wir nach Oregano-Tee, ein weiteres Hausmittelchen, ins Bettchen fallen.

Donnerstag, 13. Juni 2013

40 Wochen

Heißes Vulkanwasser und ein Kiefer eines Esels.
Nach der üblichen Choreinheit folgte meine bisher wohl seltsamste Aufgabe. Finde eine Tasche für einen Eselkiefer. Cigarra del Burro ist hier ein Musikinstrument für Perkussion und das Geräusch welches die klappernden Zähne von sich geben, wenn man darauf haut, ist schon ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Also ich das Instrument also aus meiner Tasche holte und dem Schneider zeigte konnte der sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Die 20 Dollar für die Tasche laut Rommel allerdings zu überteuert.
Zum Mittagessen bekomme ich einen Eimer Jugo de Guayaba, sprich Saft einer Guave. Hausmittel bei Magen-Darm-Spaß. Außerdem lasse ich meine Badesachen abfahrbereit im Wohnzimmer liegen, denn direkt nach spaßiger Chorstunde und meinem restlichen Arbeitestag geht es nach Banos. Banos liegt ca. eine Stunde von Ambato, sehr touristisch und vor allem bekannt für allerlei sportliche Aktivitäten wie Rafting, Canopy, Fahrradtouren, aber auch seine heißen Schwimmbäder. Um 8 sitze ich also in heißem trüben mineralienreichen Vulkanwasser, direkt aus dem Vulkan abgeleitet. Über dem Becken steigt Dampf auf, draußen sind es so ca. 15 Grad und die Gesichter, egal ob einheimisch oder ausländisch, sind gerötet. Ab und an wagt sich jemand in das kalte Becken nebenan, um anschließend das sehr gewöhnungsbedürftige Kribbeln am ganzen Körper zu spüren, wenn man ins dampfende heiße Becken zurückkehrt. Mit Badehaube und zwischen meiner Gastfamilie plus Tante falle ich nicht auf und werde nicht neugierig betrachtet wie die restlichen nicht-Ecuador. Auf dem Rückweg träume ich bereits.

Mittwoch, 12. Juni 2013

Tag 278

Ein Apfel-Streuselkuchen am Abend und Warterei am Morgen. Ich bezeichne nicht viele Aufgaben als vollkommen sinnlos, doch meine Beschäftigung am Morgen zählt eindeutig in die Kategorie: Hätte meine Zeit auch besser nutzen können. Warten beim Arbeitsamt. Meine Gastmama, die auch unsere Buchhalterin ist, zieht um 20 nach 9 Nummer J260 und ruft um 10 meinen Chef an, dass gerade Turno J040 dran ist. Rommel versteht das als Aufruf mich aufs Arbeitsamt zu schicken mit der Aufgabe anzurufen, wenn Turno J200 dran ist. Dass das Spektakel noch ein bisschen dauern kann, ich mir also auch Zeit lassen hätte können, zu Hause noch mein Buch holen oder ein bisschen länger bei Cede verweilen hätte können, schien Rommel nicht in den Sinn gekommen zu sein.
So sitze ich also da. Zwischen hunderten von Menschen und warte und warte und warte. Irgendwann laufe ich ein bisschen um den Block, kaufe mir ein Brötchen, trinke meinen Zimttee aus, gehe aus Langeweile aufs Klo und stelle fest, dass nach einer Stunde gerade mal 60 Nummer vergangen sind. Irgendwann plaudere ich mit einem Chico, der es sich neben mir auf den Treppenstufen bequem gemacht hat und um halb 1 kommt meine Gastmama. Wir bleiben noch 5 weitere Nummern sitzen und entscheiden uns dann für Mittagessen. Wir fahren also nach Hause, essen gemütlich zu Mittag und wäre ich mich von der Warterei erhole fährt sie wieder zurück ins Centro und kommt genau pünktlich zu Nummer J256 an. :) Müde vom Nichtstun. Es gibt nichts schlimmeres.
Meine Chiquitos dafür aktiv und am Abend ich dann auch. Geschirr spülen, Zimmer aufräumen und Kuchen backen. Mein erste Ecuador-Apfel-Streuselkuchen steht nun also warm in der Küche und hätte ich nicht schon wieder ein bisschen Magen-Darm-Spaß, dann hätte ich ihn wohl sofort gegessen. :) So warte ich wohl bis morgen. :)

Dienstag, 11. Juni 2013

Tag 277

Hitzige Argentinier und meine erste Überweisung auf spanisch.
Nach einer halben Stunde Chor gehe ich zur Bank. Ich fülle also Kästchen mit Zahlen und Buchstaben, frage ca. 4 Mal den Sicherheitsveamten, ob ich das nun richtig mache und zähle zur Sicherheit 3 Mal das Geld.
Am Schalter interessiert sich der Gute jedoch leider herzlich wenig für meine mühevoll ausgefüllte Überweisung und auch nicht dafür, dass ich unterschrieben habe, aber die Passnummer von meinem Chef angegeben habe.
Bei Cede warten meine Musikkarten, die ich mit Klebeband beklebe, damit sie meine Kleinen nicht sofort kaputt machen und Markus zumindest in Skype auf mich.
Mittendrin will allerdings mein Laptop mal wieder nicht mehr. Also mache ich mich auf den Heimweg. Auf dem Weg begegnen mir fast nur Menschen in gelben T-Shirts, die Busfahrer tragen fast alle Ecuador-Trikots und auch unsere Schüler kommen in gelb, blau, rot.
Als ich mich dann am Abend nach Chor und Plausch mit Evi wieder auf den Heimweg mache sind die Straßen wie ausgestorben und wenn man Menschen auf der Straße, dann schauen sie durch irgendein Schaufenster auf einen Fernseher. Dieses Land und Fußball. :)
Zu Hause sitzt mein Gastpapa mit den 3 Chicos aus der Werkstatt auf dem Sofa und ich geselle mich für die letzten 15 Minuten dazu. Aus den letzten 15 Minuten werden irgendwie aber fast 25, denn in den letzten Minuten gibt es eine rote Karte, einen riesigen Polizeiauflauf, um eine Schlägerei zu verhindern und noch ein bisschen Gewälze auf dem Platz. ;) Nach Abpfiff beginnt wieder das Leben auf der Straße und ich beobachte es aus dem Fenster der Wäscherei, während meine Wäsche Kreise dreht. :)

Montag, 10. Juni 2013

Tag 276

Pures Leben.
Um halb 8 klingele ich bei Cede, ich höre die Tür im 2. Stock aufgehen, sie zugehen, aber es kommt kein Rommel runter. Liegt vielleicht daran, dass der Arme sich nach gestern nicht mehr bewegen kann. Das kommt davon, wenn man sein Leben vor dem Computer und ohne Spaziergänge verbringt. Der gute hat schlichtweg Muskelkater vom Wasserfall-Aufstieg und dem Schwimmbad. Ich merke zwar auch den gestrigen Tag, aber bin doch nicht ganz so bewegungseingeschränkt. So trage ich also Notenständer und Stühle von unten nach oben, streiche erneut eine Wand und Staubsauge das Büro.
Erst im Nachhinein fällt mir nun auf, dass es heute ein Morgen ohne Stromausfall war, denn meine Festplatte ist nun endlich auf meiner externen Festplatte gespeichert. :) Nun kann ich anfangen zu löschen und zu löschen und zu löschen. In der Hoffnung, dass mein geliebtes Laptopchen, dann seine letzten 81 Tage noch genießen kann. :)
Zum Mittagessen gibt es Nudelsuppe und meine Chiquitos fleißiger als eh und je. In einer Stunde haben wir 5 Mal unser Lied gesungen, die Tonleiter gelernt, wiederholt was halbe, viertel und ganze Noten sind und natürlich ausgemalt.
Als ich mich um 6 von Rommel verabschieden will, sitzt der unterm Schreibtisch, sucht am Computer den Platz für die Speicherkarte meiner Kamera und kommt nicht mehr hoch.
Zu Hause steht eine riesige Tasche im Eingang. Kleidung für meine Gastbrüder in Quito, die gestern noch nicht trocken war. Um 7 verschicken wir also die Tasche mit Kleidung und frischen Empanadas von der Ecke und um spätestens 10 haben die Jungs Cafecito und was zum Anziehen. :) Danach halten wir, um Morocho zu essen/trinken. Morocho sieht ungekocht aus wie Hagelzucker. Ist es aber nicht. Es ist eine Kornform, die mit Milch gekocht wird und erinnert an Milchreis, allerdings etwas fester. Milchreis heißt übersetzt Arroz con Leche also Reis mit Milch. Die Konsistenz hat es auch, also ist es eher zum trinken statt zum essen. Dazu gebackener Teig mit Käse und Honig. Anschließend machen wir noch einen Abstecher auf einen der tausend Märkte.
Inzwischen ist es dunkel. Das einzige Licht kommt von den sich stauenden Autos auf der Straße und keine 2 Meter daneben haben die Verkäufer ihre Decken ausgebreitet. Auf dem Boden sowie an Ständen, zwischen Autos und Menschen lässt sich alles finden. Yucca, Maiskolben, Koriander, der hier in wirklich fast jedem Essen zu finden ist, Salate, Kohl, Nüsse, Karotten, Orangen, Mandarinen, Äpfel, Mangos, Maracuyas, Erdbeeren, Papayas, Babaco und Bananen von Kochbananen in grün über weichere Kochbananen, ganz "normalen" Bananen bis hin zu den kleinen wunderbar süß schmeckenden. Zwischen all dem ein Stand, der Zahnpasta verkauft. Überall brüllt es un Dollar, un Dollar. 25 Orangen für einen Dollar, fast eine ganze Bananenstaude für 50 Centavos und am Ende gibts noch 2 Birnen gratis dazu. Die Einkaufstour endet im Laden bei uns um die Ecke. Wunderbarer Laden, der bei uns einfach als Tante Emma Lädchen beschrieben werden würde, wo es wirklich alles zu kaufen gibt und der mich immer ein bisschen in eine andere Zeit versetzt. Keine Kasse mit Piep Piep, keine Treuepunkte und auch keine Musik aus Lautsprechern, die den Käufer zum Kaufen anregen sollen.
Wir kaufen also Mehl, ein bisschen Backpulver, Butter und Eier. Alles unter 3 Dollar. Mit ein bisschen Wasser, Zucker und Salz werden daraus Tortillas de Tiesto. Im Prinzip plattgedrücktes Stockbrot, aber gebacken auf einer Tonschale. Bei Bedarf lassen die sich dann mit Käse, Panela, also braunem Zucker, der dann wunderbar schmilzt, Honig oder anderen Sachen befüllen. Dafür waren wir allerdings einfach zu erschöpft.

Sonntag, 9. Juni 2013

Tag 275

Bevor ich gestern einschlafe kräht der Hahn, um 12 Uhr abends, sowie heute morgen um 6 auch wieder. Das Duschen hätte ich mir heute morgen auch sparen können, ein nasser Ausflugstag.
Erster Halt, nachdem um viertel vor 8 alle eingetrudelt sind, nach eineinhalb Stunden beim Wasserfall "Pailon del Diablo". Ein Wasserfall, unvorstellbar. Allein auf weite Entfernung wird man klatsch nass und spätestens, wenn man durch den engen Felsaufstieg hinter den Wasserfall läuft, ist man frisch geduscht. Die Kraft mit der das Wasser in die Schlucht "fällt", beindruckend. Beim Aufstieg kommen uns die Touri-Gruppen entgegen und bei jedem Ausländer wird gerufen, wir haben eine deutsche, wir haben eine deutsche. Und ich werde gefragt woher die jeweiligen Gruppen kommen.
Nächster Stop am Fluss. Von "ins Wasser werfen" über blaue Schmetterlinge beobachten bis hin zu "wir springen vom Fels" war alles dabei.
Die Tafel beim Mittagessen riesig, 30 Suppen, Hühnchen und Nachtische. Anschließend Geburtstagskuchen von Karlita, eine meiner Kleinen, die heute 5 geworden ist. Kommentar von Mateo neben ihr: "Also ich bin schon 6." :)
Der letzte Teil des Ausflugs, Schwimmbad mit Rutschen, Wellenbad und Kinderbecken. Meine Gruppe immer im Auge zu behalten nicht ganz einfach und es ist auffällig, dass ziemlich viele nicht schwimmen können. Kinder sowie Erwachsene. Richtigen Schwimmunterricht als Teil des Sportunterrichts gibt es hier soweit ich weiß nicht. Schulausflüge zum nächst gelegenen Fluss schon, aber da ist nichts mit Schwimmnudeln und Schwimmbrettern für eine gute Haltung. Rutschen ist eh meistens beliebter als schwimmen, also stehe ich am Ende der Rutsche und fange meine 9 jährigen Chormädels und Mateo auf. :) Von nun an nennt mich nicht mehr nur noch Kathrins Mama "Sari", sondern die Mädels auch. Auf dem Rückweg alle ziemlich schweigsam, fertig mit der Welt und hungrig. Zum Glück habe ich mir meine "ich-nehme-immer-was-zum-essen-und-trinken-mit-Angewohnheit nicht abgewöhnt.
In Ambato regnet es bei der Ankunft während wir im etwas tiefer gelegenen, eindeutig wärmeren und "tropischeren" Puyo schönsten Sonnenschein hatten. :)

Noch in der Tür zu Hause fange ich an zu erzählen und bin nur mit Abendessen bestehend aus Reis, Hühnchen und Bananenchips zu stoppen. :)

Mein Computer hat sich nach einer kleinen Störung gestern überlegt heute wieder zu funktionieren, allerdings ist meine Festplatte immer noch nicht leerer, weshalb die Bilder von heute wieder nachträglich kommen.

Samstag, 8. Juni 2013

Tag 274

Vollkornbrot, Kürbiscremesuppe und ein Cello.
Aus der Backmischung von Oma sind heute Vollkornbrötchen geworden, die immer noch duften. Clara hat sich ebenfalls daran erfreut. Zum Mittagessen gibt es Kürbissuppe aus dem spanischen Deutschland-Kochbuch und ich lerne ein Huhn auseinander zunehmen und kam laut meiner Gastmama nun heiraten, weil ich auch Jugo de Mora, also Andenbrombeeren-Saft machen kann ;)
Danach gibt es eine echte Faulenzeinheit mit meinen Gastbrüdern, bevor ich Ckata ein bisschen Vollkornbrot bringe und Evi beim Aussuchen einer Hose für Rommel helfe. :) Während meine Gastfamilie ins Kino geht, darf ich auf Willy neuem Cello spielen, habe mir vom letzten Mal behalten wie man den Bogen richtig hält und kann nun mein erstes Lied.
Mein Bikini liegt für morgen bereit, meine Kamera ist geladen und um 7, sprich gegen 8 für alle Ecuadorianer geht es los zum großen Cedemusica-Jahresausflug.

Freitag, 7. Juni 2013

Tag 273

Ein Fußballspiel. Eine Wand streichen und Habas.
Meine Geigenschülerin kommt wie immer zu spät, heute sogar fast eine ganze Stunde. Der Ausflug zur Post teuerer als gedacht und ich weiß nun, dass ein Express-Brief nach Deutschland 40 Dollar kostet. Immerhin kommen die Visumsunterlagen nun in 5 Tagen bei meiner Nachfolgerin an. :)
Ein Mittagessen ohne Reis ganz ungewohnt. Auf meinem Teller dafür Salat, Habas (bestimmte Erbsen-Form) und Maiskolben mit Fleisch. Aber keine Sorge zum Abendessen gab es wieder Reis. :)
Vorher allerdings noch mal die Wand überstreichen und eine Stunde Rhythmus-Unterricht mit 8 Kindern, 8 Trommeln und 8 verschiedenen Rhythmusübungen und piepsenden Metronomen. Sobald ich in meine neue Straße einbiege absolute Ruhe, der Hahn kräht und das Schwein, welches neben unserem Haus wohnt grunzt fröhlich.
Statt nach den ersten Sekunden gibt es heute Abend das erste Tor für Ecuador erst nach 12 Minuten und Peru schießt auch sonst kein weiteres Tor. Bei jeder vergeudeten Chance und mit fortgeschrittener Zeit werden die Seufzer von meinen Gasteltern, Evi, Rommel, Willy und einem meiner Gastbrüder immer lauter. Nächsten Dienstag neue Chance. :)

Donnerstag, 6. Juni 2013

39 Wochen - 9 Monate

Besuch beim Notar, eine frisch gestrichene Wand und Quimbolitos mit mysteriösem Besuch.
Meine Nachfolgerin hat ihre Flugdaten und wir nun alle nötigen Unterlagen für ihr Visum. Dafür Besuch mit Rommel beim Notar. Meine Gastmama heute in Ibarra bei ihrer Familie, weshalb es kein Mittagessen zu Hause gibt und mein Gastpapa kommt mir ziemlich traurig vor. Morgen ist sie wieder da. :)
Mit dem Orchester spielen wir ungelogen 100 Mal die gleiche Stelle und ich werde eindeutig von Mi Sol La Sol Si Do träumen.
Leider hat Miguel Angel gestern den Farbeimer auf der Terrasse entdeckt und Rommel damit daran erinnert, dass wir ja noch Farbe haben und es Wände gibt, die ich erst einmal gestrichen habe. Nachdem ich also in die Listen eingetragen habe wer heute pünktlich war, wer nicht mitgearbeitet hat und wer seine Partituren zu Hause hat liegen lassen, stehe ich mit einem Pinsel in der Hand auf einem Stuhl und pinsel fröhlich vor mich hin bis mich Clara von der Arbeit abholt. Mit einer Tüte warmen Quimbolitos betreten wir also das Wohnzimmer und auf der Couch sitzen zwei überzeugte Missionare, die meinem Gastpapa gerade die Bibel erklären. Nach dem Abschlussgebet gehen die Beiden und mein Gastpapa erklärt mit Unschuldsmiene, dass sie ihm nur ein paar Bücher vorstellen wollten. Clara und ich können uns das Lachen einfach nicht mehr verkneifen, er schüttelt nur den Kopf und sagt, hoffentlich kommen die nicht mehr wieder. :)
2 Quimbolitos, Tee, Milch, Keksen und dem letzten Knoppers aus Mamas Päckchen später ist es halb 10, Clara und ich könnten immer noch reden, aber die Müdigkeit siegt.

Mittwoch, 5. Juni 2013

Tag 271

Plato típico und ein neues Spiel.
Meine Geigenschülerin am Morgen kommt wie immer 40 Minuten zu spät, weshalb lediglich die Hälfte der Stunde bleibt. In dieser Hälfte spielen wir ca. 5 Mal das Lied und unterhalten uns den Rest der Stunde über Ecuador, das Wetter, Deutschland, Religion, Gewohnheiten und Berufswünsche. So weiß ich nun zum Beispiel, dass eigentlich der April der kalte Monat hier ist, dass sie Ärztin werden möchte und eine bestimmte christliche Form des Glaubens lebt in der man kein Schweinefleisch, Meerschwein oder Kaninchen isst und keine Ohrlöcher hat, weil man seinen Körper so lassen soll wie er uns gegeben wurde.
Nach ausführlichem Austausch gibt es gebasteltes Gebastel (wie ich die Wortkreation von Papa liebe) für den restlichen Morgen. Ein neues Spiel für meine Kleinen. Die Idee: Noten beibringen. Das Problem: Wie bringt man 4-jährigen bei, dass ein G eine Halbe, eine Viertel oder auch eine ganze Note sein kann. Erster Schritt die Noten bestimmten Farben zuordnen. So ist zum Beispiel ein G, hier Sol genannt, blau; C, hier Do genannt, rot; B, hier Si, lila usw. Auf den verschiedenen bunten Karten sind nun Halbe-, Ganze-, Viertel- und Achtel Noten gemalt. Das ist Schritt 2: Die bestimmten Notenfiguren zu erkennen und Schritt 3 ist dann, die Notenkarten im Notensystem, welches wir aus Schnüren auf den Boden gelegt haben, einzuordnen. Schritt 3 übergebe ich glaube ich an meine Nachfolgerin. Schritt 1 und 2 sind in den verbleibenden Monaten vielleicht noch machbar. ;) Meine Nachfolgerin kommt am 27. August.
Zum Mittagessen mal wieder Suppe mit Popcorn (ich musste beim Schreiben gerade tatsächlich länger überlegen was Popcorn auf deutsch heißt) und 15 Minuten Miguel Angel beschäftigen ist so ermüdend wie eine ganze Stunde mit allen Kindern zusammen. Miguel hat auch eher mich als ich ihn beschäftigt. Stets eine neue Idee, stets neugierig und stets unter meiner Beobachtung.
Während ich als den ganzen Tag beschäftigt bin, weichen derweil die Bohnen für den Kochabend von Evi und mir ein. Heute gibt es Plato típico, das typische Ecuador Essen: Menestra, Carne asada, Patacones y Arroz - Sprich Linsen- bzw. Bohnen mit Fleisch, frittierter plattgedrückter Kochbananen und Reis. Neu dazugelernt habe ich also heute: Reis muss so lange gewaschen werden, bis das Wasser klar ist, für Menestra braucht man keine Mehlschwitze, sondern es reicht ein bisschen geraspelte Kochbanane und ich weiß einfach nicht, ob ich noch ohne Kochbanane leben kann. Egal ob als Klöße mit Käse als Bólon, frittiert und plattgedrückt als Patacones oder einfach nur die schon etwas weichere Kochbanane, hier Maduro genannt, aus der Pfanne.
Vollgegessen und mit dem Gefühl ich brauche 100 Jahre nicht mehr zu Essen werde ich also sicher von Willy nach Hause gebracht und die erste Frage als ich die Tür reinkomme: "Sarita, magst du Cafecito?" :)

Dienstag, 4. Juni 2013

Tag 270

Der erste Apfelsaft nach 9 Monaten, erster Dienstag ohne Oma-Mittagessen und hier beginnt nun der "Winter".
Das Frühstück mit meiner Gastmama ruhig, die selbst gebackenen Brötchen sind immer noch nicht aufgegessen und es gibt Jugo de manzana, also Apfelsaft. :) Der Weg zur Arbeit ein einziges Chaos, die Bahnschienen werden erneuert und dafür die ganze Straße gesperrt. Der Verkehrspolizist ergreift irgendwann die Flucht. 
Chorprobe schiefer als eh und je und eine Orchesterprobe, bei der ich im Hintergrund Noten klebe und Hochwasserbilder von zu Hause anschaue. Auch meine dicken gefütterten Wollsocken bringen im Büro nichts, sie bleiben kalt. Hier beginnt nun der Winter. Es hat ca. 14 Grad, ist windig und einfach kalt. Wenn ich frierend vor der Tür stehe, grinsen nur alle und fragen mich was ich denn im Winter in Deutschland mache. :) Gute Frage.
Ausflug zur Paketstation kurz vor meiner Mittagspause und meine Verehrer, wie sie Rommel so wunderbar beschreibt, sind natürlich auch da und hören amüsiert zu, als ich Rommel anrufen muss, weil ich leider seine Passnummer, die ich zum Verschicken brauche, vergessen habe.
Mittagessen also nicht mit tausend Cousins, Onkels, Oma und Opa wie bisher immer dienstags, sondern meine Suppe mit Yucca und Kürbis gibt es nur mit meinen neuen Gasteltern. Auch wenn wir weniger sind, ist es deshalb nicht unbedingt ungesprächiger. Von den Kleinigkeiten meines vormittags über das was die Woche ansteht bis hin zu allgemeinen Gesprächsthemen. Bei den Fragen was ich essen, antworte ich ziemlich oft mit "ja, mag ich" und ich erzähle von meinen Zeiten in den ich nur geschälten Apfel, Bananen, Nudeln mit Tomatensauce und Spinat mochte. :)
Nach einer weiteren schrägen Chorprobe bei der Rommel den Kindern erzählt, dass ich nun einen von den Chicos von der Paketstaion geheiratet habe, höre ich den Chicos zu wie sie Linkin Park und Coldplay auf dem Klavier spielen und sich gegenseitig beibringen.
Um 6 ist auch der letzte Schüler abgeholt, die Mechaniker in der Werkstatt im Hof unseres Hauses machen Feierabend und ich finde eine neue Laufroute. Von nun an laufe ich bis zur Schule und nicht mehr bis zur letzten Laterne. :)
Meine 2 Seiten aus meinem spanischen Buch habe ich für heute schon vorgelesen und freue mich nun auf mein warmes Bett.

Montag, 3. Juni 2013

Tag 269

Warme frisch gewaschene Wäsche aus dem Trockner. Gibt kaum was besseres.
Von meinem neuen Haus zur Arbeit brauche ich nun 10 Minuten, der Besuch beim Bäcker schon mit einberechnet und aus meinem Elektroduschkopf kommt warmes Wasser. Typische Duschkonstruktion.
Bei Cede gibt es das übliche morgendliche Programm wie Unterrichtsberichte nachschauen, Rechnungen eingeben und einen amerikanischen Lebenslauf ins spanische übersetzen.
Mittagessen mit meinen beiden Gasteltern ganz entspannt, Essensausgabe an die Jungs unten in der Werkstatt fasziniert mich und ein kleines Viel-Glück-Skypen mit Markus. Morgen vorletzte Abiprüfung und nächsten Mittwoch ist er dann auch so "groß" wie ich und hat Abi. ;)
Chiquitos alles andere als entspannt und anschließend den großen Cede-Ausfug am Sonntag umplanen, da der Weg zum eigentlichen Wasserfall gesperrt wurde.
Den Abend verbringe ich im Waschsalon, da meine neue Familie keine Waschmaschine hat und ich in den letzten 2 Wochen, aber so viel Wäsche angesammelt hat, dass ich mir den Waschsalon gönne statt mit der Hand zu waschen. Der Waschsalon ist zu Fuß 5 Minuten. Mit einem Berg Wäsche ist der Weg ein bisschen komplizierter, weshalb mich meine Gastmama kurz runterfährt.
Allein für den Duft von warmer frisch gewaschener weicher Wäsche haben sich die 5 Dollar schon gelohnt.
Cafecito mit Maisbrötchen, Resten vom Mittagessen, Besuch von entfernten Verwandten und ein interessantes Gespräch über Ambato. Bisher dachte ich, dass ganz Ecuador so geschäftstüchtig ist wie ich es bisher erlebt habe. Jeder hat mindestens ein Geschäft, ein Lädchen oder irgendwas was er verkauft oder anbietet. Allein in meiner alten Gastfamilie gab es insgesamt 5 Läden, die Apotheke, 3 Getreide- und Tierfutterläden und ein Handwerksgeschäft.
Meine Gastmama hat ihre Facharbeit an der Uni genau über dieses Thema geschrieben und es hat sich herausgestellt, dass aber vor allem Ambato so geschäftsreich ist. Über die Hälfte der Einwohner haben ein angemeldetes Geschäft und mehr Frauen als Männer sind als "Geschäftsführerinnen" eingetragen.
Bei der nächsten Brotbackaktion, bei der so viele Brötchen rauskommen, gehe ich auch unter die Verkäufer und mache einen Brotstand auf, denn ich weiß echt nicht wie die Brötchentüte leer werden soll, bevor sie hart werden ;)

Sonntag, 2. Juni 2013

Tag 268

Ein Sonntag, der früh beginnt und mir ewig vorkommt
Um halb 7 stehen die Freunde von Diego, mein 18jähriger Gastbruder, zum Joggen vor der Tür und um 8 gibt es Frühstück mit allen. Inklusive der Jogging-Freunde, die sich eher als Spaziergeh-Freunde-um-halb7-morgens rausgestellt haben. :)
Ausflug zum höchsten Punkt Amabtos - der Parque de la familia. Von dort aus Blick über die ganze Stadt, Besuch im Streichelzoo und Schubkarren-Rennen mit meinen Gasteltern, Brüdern und den Jogging-Freunden.
Mittagessen ganz entspannt zu 5., dabei ein ecuadorianischer satirischer Film und anschließend ein Markus-Skypen.
Um 3 mache ich mich mit meiner neuen Gastmama Germania auf den Weg zu Evi. Auf dem Weg kaufen wir noch Maismehl, Backpulver und Eier. Über 4 Kilogramm Mehl, 8 Eier, Hefe und Käse ergeben am Ende 100 Maisbrötchen.
Sonntag Abend ecuadorianische Sportschau mit meinen Gastbrüdern, die ihren Schlafrhythmus Sonntag Abend an das Fernsehprogramm anpassen und 2 Seiten aus meinem spanischen Harry Potter vorlesen. ;)
von links nach rechts - Sarita, Diego, Joggingfreunde 1 und 3 und Santi

Ambato

Schubkarren-Rennen

Mehlvulkan

Samstag, 1. Juni 2013

Tag 267

Das erste Erlebnis mit einer Gastfamilie scheint der Kauf eines Hühnchens zu sein. War ich beim Hühnchenkauf mit meiner 1 Gastfamilie doch sehr irritiert, so hat mich heute nichts mehr verwundert. Weder die ungekühlten Hühnchen, die an einem Beinchen an einer Stange aufgehängt sind und sich unter ihnen noch eine kleine Blutlache bildet noch die Vorstellung, dass wirklich essen zu sollen.
Mittagessen dann also zu 5 und anschließend schweiße ich mit meinem einen Gastbruder Drähte für meinen anderen Gastbruder. Der Gute ist Fan von Ironman, bleibt ein Kind und hat sich das blaue Herz oder was auch immer von seiner Lieblingsactionfigur gewünscht. So hat also sein Bruder aus Lichtern, Kabeln, einer Batterie und einer Tupperbox das mysteriöse Teil gebastelt und ich durfte es zusammenschweißen. :)
Statt Farma chillen gibt es Familienausflug ins Centro zum Filmkauf und so sitzen wir am Ende vor "Catch Me If You Can" essen Tortillas, Sandwichs und Colorado-Mischpackung.