Mittwoch, 16. März 2022

Mittwoch II

Immer noch kein Wasser. Meine Gastmama hat die Pumpe für die Zisterne angestellt und wir können zumindest duschen und die Klospülung funktioniert. Ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Wir besorgen noch Yucca, Avocado und Kochbananen und ich versuche alles irgendwie in meinen Koffer zu bekommen. Er geht zu. Wie viel er wiegt wissen wir jedoch nicht genau, da meine Gastfamilie irgendwie die Waage verloren hat. Wir bringen meinen Koffer zum wiegen kurzerhand zu einem Laden, der sonst Tierfutter in großen Mengen verkauft. Angeblich 22 Kilo. So ganz vertraue ich der Waage allerdings nicht. Meine Gastmama und ich üben den Tonfall, den man in Ecuador braucht, wenn man unbedingt etwas haben möchte, aber es eigentlich nicht geht. Für den Fall, dass mein Koffer doch zu schwer ist und ich diskutieren muss. Wichtig ist, dass man das "Bitte"/ "Poooorfaaaa" möglichst lang zieht. Germa und ich können uns beim "Üben" selbst nicht ganz ernst nehmen.

Auf der Straße kommt uns der Tankwagen entgegen und füllt große Wannen mit Wasser. Denn nun ist klar, Wasser kommt wohl erst am Freitag wieder. Warum genau es kein Wasser gibt, weis niemand. Mein Gastpapa schließt die Werkstatt heute ein bisschen früher und wir machen uns am Nachmittag nach den auf den Weg nach Quito. Ich habe für 18:30 Uhr einen Tisch bei einem Italiener für mein Abschiedsessen reserviert. Wir kommen um 18:00 Uhr an, wollen nur noch mal eine kleine Runde drehen und verfahren uns so sehr, dass wir um Punkt 18:30 Uhr ins Restaurant laufen. Santi und Male kommen direkt ins Restaurant und es ist ein schöner letzter Abend mit meiner geliebten Gastfamilie. Mein Flug geht um 23:00 Uhr, wir kommen um 21:15 Uhr am Flughafen an und merken bereits auf dem Parkplatz, dass es voll ist. Wir suchen 10 Minuten einen Parkplatz. In der Abflughalle sind unfassbar viele Menschen und ich bekomme kurz Panik, ob ich es noch rechtzeitig schaffe, meinen Koffer abzugeben. Aber wie sich herausstellt sind circa 5 Mal so viele Menschen in der Halle wie eigentlich abfliegen. Denn fast jeder hat ein so großes Abschiedskomitee dabei wie ich. Meine Gastfamilie drückt mir noch ein paar Mitbringsel in mein eh schon überfülltes Handgepäck, ich drücke jeden fest und kann die Tränchen nicht mehr zurückhalten. Es ist halt doch immer wieder ein Abschied von zu Hause. Auch wenn ich mich wieder sehr auf das echte zu Hause freue. Die Sicherheitskontrolle und auch die Ausreise dauern ewig und ich komme pünktlich zum Boarding am Gate an. Ich mache es mir in meinem Sitz bequem. Das Flugzeug wird immer schneller, ich werde in den Sitz gedrückt und wir heben ab. Normalerweise werden die Lichter unter einem immer kleiner, nicht so in den Anden. Während wir immer höher steigen, tauchen immer mehr Lichter neben uns auf. Beleuchtete Straßen schlängeln sich kurvig die Anden hoch und die Vororte von Quito strahlen auf den Bergen neben meinem Fenster. Wir steigen immer höher, tauchen ein in Wolken, es ruckelt und mir fallen langsam die Augen zu. Viertel vor 12 nachts Ortszeit. Zeit zu schlafen.

Nach einem Zwischenstop in Madrid lande ich am Donnerstag um 23:00 Uhr Ortszeit in Frankfurt. 10 Tage Ecuaventuras und ich weiß, ich werde wieder kommen. Denn egal wen ich in den letzten 10 Tagen getroffen habe, hat mich gefragt wann ich wiederkomme und ob ich dann Lars mitbringe.

Abschiedsessen 

Koffer wiegen

Wasservorrat auf der Straße


Ecuador Flughafen.
Der einzige Ort in der Ecuador
an dem man das Toilettenpapier in die Toilette werfen kann
und nicht augenblicklich für eine Verstopfung des Abwassersystems sorgt.




Dienstag, 15. März 2022

Dienstag II

Ich drehe nach dem Aufstehen den Wasserhahn auf, um meine Zähne zu putzen, doch leider gluckert es nur und aus dem Wasserhahn kommt kein Wasser. Meine Gastmama kommt runter und teilt mir mit: Kein Wasser. Habe ich auch schon gemerkt. Da man das Leitungswasser in Ecuador besser nicht trinkt, haben wir grundsätzlich zwei große Töpfe mit abgekochtem Wasser auf dem Herd stehen. Das nutze ich erstmal zum Zähne putzen. Duschen fällt erstmal aus. Meine Haare hätten eine Dusche durchaus nötig gehabt, aber kann man nicht ändern. Germa und ich starten erstmal auf unsere Besorgungstour und hoffen, dass es am Mittag wieder Wasser gibt. Kleiner Spoiler: Gab am Mittag kein Wasser.

Auch wenn ich wie bereits beschrieben viele Lebensmittel in der Kleinmarkthalle finden kann, importiere ich doch immer ein bisschen was aus Ecuador. Heute stehen erst mal die Produkte aus dem Supermarkt an. In der letzten Woche war ich jeden Tag einkaufen, aber heute bin ich zum ersten Mal im Supermarkt. Germa und ich gehen für gewöhnlich nur in die kleinen Läden in unserem Viertel oder auf den Markt. Ich bin überrascht wie viele europäische Produkte es mittlerweile im ecuadorianischen Supermarkt zu kaufen gibt. Durchaus haben die Produkte ihren Preis, aber bis noch vor einigen Jahren war es wesentlich schwieriger für uns gewöhnliche Produkte wie griechischen Joghurt, gefüllte Tortellini, Couscous, Ziegenkäse oder Camembert zu bekommen.

Gegen Mittag kommt Diego aus Quito zurück und meine Gasteltern haben einen Arzttermin. Ich bin daher heute zusammen mit Diego für das Mittagessen verantwortlich. Ecuadorianisch kochen für Ecuadorianer ist schon eine Aufgabe. Aber den anderen Familienmitgliedern mundet es und ich bekomme den klassischen ecuadorianischen Spruch gedrückt: "du kannst ecuadorianisch kochen, dann kannst du jetzt heiraten." Zum Glück ist das Mittagessen gelungen, sonst hätten Lars und ich für Oktober wohl nich mal umdisponieren müssen.

Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg in den Parque de La Familia mit einer wunderschönen Aussicht über Ambato. Meine Gastmama erklärt mir mal wieder jegliche Kräuter und es duftet überall nach Eukalyptus. Auf dem Rückweg blockiert mal wieder eine Gruppe schlafender Straßenhunde den Weg. Wir hupen, aber so richtig wollen sie sich nicht vom Fleck bewegen. Erst als Diego immer weiter auf sie zufährt machen sie irgendwann Platz. Eine ähnliche Situation hatten Germa und ich neulich auch bei unserem morgendlichen Spaziergang. Tatsächlich mussten wir am Ende einen Umweg laufen, denn der Straßenhund hat uns einfach nicht passieren lassen. Er war der Meinung, dass wir in seinem Revier nichts zu suchen haben und hat uns wild angebellt und angeknurrt. Sobald wir auch nur einen Schritt in seie Richtung gemacht haben, ist er uns auch entgegen gekommen. Da wir beide nicht so große Lust auf einen Hundebiss hatten, haben wir uns dann für einen anderen Weg entschieden. 

Das Wasser ist leider auch am Abend nicht zurück. Zum Quimbolitos machen braucht man zum Glück nicht so viel Wasser und so gibt es zum Abendessen eine meiner absoluten Lieblings-Süßspeisen.

wenn man innerhalb Ecuadors ein Paket verschickt,
kann man es hier zum Beispiel abholen


Quimbolitos



Montag, 14. März 2022

Montag II

Die ersten Abschiede.

Die Zeit verfliegt schneller als gedacht und da am Dienstag und Mittwoch Diego extra aus Quito kommt, verabschiede ich mich heute schon von einigen. Zum Mittagessen bin ich in Willys neue Wohnung eingeladen. Willys Mama und Vero und ihre 3 Kids sind auch da. Ich habe schon viele interessante Früchte und Gemüsesorten in Ecuador probiert, aber heute gibt es etwas Neues: Jicama. Innen weiß, sehr saftig, aber hart und erinnert an einen Apfel oder eine harte Birne. Wir essen Jicama heute geraspelt als Salat mit Karotte, Avocado und Chochos. Bisher habe ich viele meiner geliebten Ecuadorlebensmittel in der Kleinmarkthalle finden können, mal sehen ob ich auch bei Jicama fündig werde. Nach einer kurzen Mittagspause in der Sonne auf unserer Dachterrasse, mache ich mich gegen 18 Uhr auf den Weg zu Fer und Vero und den Kindern. Der 2. Abschied für heute. Wir sitzen bis halb 12 zusammen, bestellen Pizza, spielen Halli Galli mit den Kids und es fühlt sich an, als sei ich nie weggewesen. Auf dem Heimweg verwandelt der Regen erneut die Straßen in kleine Seen. Zum einen ist Ecuadors Kanalisation nicht die aller beste, zum anderen gibt es in der Straße so viele Löcher, dass sich das Wasser hier wunderbar sammeln kann.

Sonntag, 13. März 2022

Sonntag I

Nachdem wir gestern doch sehr viel im Auto saßen, habe ich mir heute einen etwas autofreieren Tag gewünscht. Bekanntlich ist alles Definitionssache, wie auch das Thema "nicht so viel im Auto sitzen". Nach dem Frühstück steigen Germa und ich auf den Beifahrersitz, Diego fährt und Male, Santi und Jorge sitzen hinten. Wir verlassen die Stadt Richtung Nord-Westen und schlängeln uns erst endlos die Anden hinunter um sie direkt wieder hoch zu fahren. Ursprünglich wollten wir zu einem Feld auf dem man Früchte selbst ernten kann. Da das aber zu hat, landen wir auf einem Aussichtspunkt. Auch ok. Ein paar Jugendliche haben den Aussichtspunkt für ihre sonntägliches chillen mit Alkohol ausgewählt. Musik dröhnt aus den Lautsprechern und wir legen einfach eine kurze Tanzeinlagen ein, während wir auf die Stadt schauen. Die Sonne scheint mit aller Kraft. Allerdings ist es "Sol de agua", sprich die Sonne, bevor es richtig regnet. Und so ist es auch. Abends schüttet es wie aus Eimern und auf den Straßen sammelt sich das Wasser. Bevor es allerdings beginnt zu regnen, statte ich am Abend noch meiner ersten Gastfamilie einen Besuch ab. Die Gastoma ist extra die Straße runtergekommen und empfängt mich so herzlich, dass ich wirklich gerührt bin. Sie hakt mich unter und lässt mich gefühlt den ganzen Abend nicht mehr los. Wir machen uns allesamt auf den Weg zum Abendessen in Ambatos schickem Viertel "Ficoa". Meine erste Gastfamilie ist riesig und Cousins und Cousinen wachsen eher wie Geschwister auf. Zum Abendessen kommt jedoch nur eine kleine Auswahl mit. Jedoch rufen konstant irgendwelche Onkels an, die mich grüßen.

Noch kurz angemerkt: Meine aktuelle Gastfamilie ist auch nicht viel kleiner. Santi und Diego haben insgesamt 49 Cousins und Cousinen. Da bin ich mit meinen 5 eher zu belächeln.

Nach dem Abendessen sitzen wir noch im Wohnzimmer meiner alten Gasteltern zusammen und spielen eine Art Tabu mit malen und Pantomime. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber tatsächlich errate ich auf Spanisch das ein oder andere Wort und hole für mein Team ein paar Punkte. Meine alte Gastoma sitz dabei die ganze Zeit neben mir und flüstert mir eventuell ab und an auch mal was zu. Es ist ein lustiger, entspannter und schöner Abend. Doch ich bereue es nicht, dass ich irgendwann meine Gastfamilie gewechselt habe. Gegen 11 Ur werde ich im strömenden Regen nach Hause gebracht, schließe das Tor zur Garage auf, stolpere fast über rumliegendes Material der Werktstatt meine Gastpapas und fühle mich 10 Jahre zurückversetzt.




Samstag, 12. März 2022

Samstag I

Um halb 8 sitzen Santi, Male, Diego und ich im Auto nach Ambato. Diego und ich habe bei Santi und Male in Quito übernachtet und nun sind wir auf dem Weg zum Familienwochenende in Ambato. Die 2 Stunden Fahrt nutzen wir für einen kompletten Rundumschlag und Austausch über Deutschland und Ecuador: Gab es in der Pandemie viele Arbeitslose? Was passiert in Deutschland, wenn man seine Arbeit verliert? Gibt es eine Impfpflicht? Wie viel kostet aktuell ungefähr eine Wohnung zur Miete? Wer ist der Nachfolger von Angela Merkel? Wie viele Steuern zahlt man? Heiratet man in Deutschland eher früher, später oder gar nicht?

Ich erzähle von Kurzarbeit, von unserer Arbeitslosenversicherung, von unserer aktuellen Regierung und vom allgemeinen Leben. Über vieles haben wir uns im Allgemeinen schon mal ausgetauscht, schließlich sehe ich Santi, Diego und Male nicht zum ersten Mal und auch waren alle drei schon bei mir in Deutschland zu Besuch, aber in der Zwischenzeit hat sich doch einiges verändert. Und immer wieder wird mir bewusst, dass ich der Meinung bin, dass wir im Allgemeinen in einem gut funktionierenden Staat leben. In Ecuador haben während der Pandemie sehr viele ihre Arbeit verloren und der Arbeitsmarkt ist aktuell sehr schwierig. Meine Gastschwester am Donnerstag, wie auch meine Gastfamilie erzählen mir von unzähligen Familien, die wegen der schlechten Arbeitssituation ausgewandert sind. Von Kurzarbeit oder einer guten Arbeitslosenversicherung kann man hier nur träumen.

In Ambato wartet meine Gastmama bereits mit Frühstück auf uns, damit wir gestärkt zu unserem Tagesausflug starten können. Ich habe mir gewünscht zum höchsten Berg Ecuadors zu fahren, zum Vulkan Chimborazo. Der Chimborazo ist 6.263 m hoch. Bis auf 5.100 m kann man ohne Guide hinaufklettern. Wir packen Handschuhe, Schal, dicke Jacken und Unmengen an Essen ein und fahren zu 6. in einem Auto. Santi, Diego, Male auf der Rückbank, mein Gastpapa fährt und Germa und ich zu zweit auf dem Beifahrersitz. Anschnallen ist überbewertet und wenn die Polizei vorbeikommt passiert in der Regel nichts. Es ist durchaus auch nicht unüblich, dass wir in unserem Auto schon zu 8. gefahren sind mit noch einer Person im Kofferraum oder dass auf einem Motorrad drei Personen und ein kleines Baby und vielleicht auch noch ein Hund sitzen. Heute sitzen wir aber nur zu 6. im Auto und haben hinten noch Diegos Fahrrad drauf geschnallt. Auf dem Weg fahren wir an frei lebenden Alpakas und Vicuñas vorbei und je näher wir dem Ziel kommen, desto diesiger und nebliger wird es. Am Ende kann man kaum noch seine eigene Hand vor Augen sehen. Wir parken unser Auto auf 4.800m und machen uns auf den Weg bis zur Schneegrenze. Bevor wir aussteigen bekommt noch jeder ein Bonbon in die Hand gedrückt, da Zucker gegen die Höhe hilft. Man merkt durchaus die dünne Luft und kann nur sehr langsam laufen. Mit der ein oder anderen Pause schaffen wir es bis nach oben. Ich bin stolz, weil ich noch nie einen so hohen Berg bestiegen habe (der Cotopaxi war ein bisschen niedriger) und meine Gastfamilie ist happy, weil sie Schnee in den Händen halten. Nach dem Auf- und Abstieg gibt es ecuadorianisches Picknick: Yucca, Fleisch, Habas, weiße Maiskolben, eine Art kleine Kartoffeln, Tomatensalat, Bananen und Mandarinen. Nachdem wir alle gestärkt sind, geht es zurück nach Hause. Den Heimweg nutzt Diego jedoch noch für sein neustes Hobby: Mountainbike fahren. Fahrrad fahren wir in Ecuador zwar immer beliebter, aber noch ist der Verkehr nicht auf Fahrradfahrer eingestellt. Um Diego vor wilden Bus- und LKW-Fahrern zu schützen, fahren wir mit Warnblinker hinter ihm her, während er die Straße runter strampelt. Nach circa 30 Minuten bergab laden wir Diego und Fahrrad wieder ein. Wir spielen Germas Lieblingsspiel: Lieder singen. Es wird ein USB Stick mit verschiedensten Liedern anschlossen. Für jeden Musikgeschmack ist was dabei. Jeder bekommt einen Song, den er singen muss. Die Beifahrer dürfen aber als Chor unterstützen. Sprich am Ende sitzen eigentlich nur alle im Auto und singen von Avril Lavigne und Coldplay über Reggaeton und Americo bis hin zu ecuadorianischen Klassikern und Cumbia alles mit. Am Abend sitzen wir zu 6. vor dem Fernseher, schauen ein Fußballspiel im Fernseher und nach und nach fallen allen die Augen zu.



Vicuñas
5000 m mit super Aussicht


5.100 m 


wenn kurz die Kette rausspringt




Lars hat mir vor meinem Abflug nicht geglaubt, dass im ecuadorianischen Zahlungsverkehr ein 20 Dollarschein das Maximum ist. Auf dem Schild an einer Bezahlstation der Autobahn steht, dass höchstens Scheine im Wert von 20 Dollar angenommen werden. In kleineren Läden braucht man erst gar nicht versuchen, mit einem 20 Dollarschein zu bezahlen.
Ecuador ist weiterhin ein absolutes Bargeldland.


Freitag, 11. März 2022

Freitag I

Quito, Deutschkurs und Ungerechtigkeiten.


Der Morgenspaziergang fällt heute aus, denn ich fahre nach Quito meine Gastbrüder besuchen. Eigentlich wäre ich gerne mit dem Überlandbus gefahren, aber Corona begleitet uns doch noch ein bisschen und es ist ein wenig sicherer eine Mitfahrgelegenheit zu nehmen. Puerta a Puerta heißt diese, sprich von Tür zu Tür. Das Auto holt mich vor unsere Haustür ab,  ich habe noch 2 Mitfahrer, alle mit FFP2 Maske und für 15 Dollar werde ich 140 km später vor Diegos Tür abgesetzt. Der rabiate Fahrstil meines Puerta a Puerta Fahrers steht dem der Busfahrer in nichts nach. Leider wird mir bei dem Fahrstil ziemlich schlecht und ich kann mich nicht am Gespräch beteiligen, dass es in Dänemark den besten Käse gibt, wie seltsam es ist, dass es in Europa einen Standstreifen für Krankenwagen gibt und dass man in Europa überall nur 130 km/h fahren darf. Wäre es mir nicht so schlecht gegangen, hätte ich mich vermutlich doch als Deutsche geoutet und die ein oder andere Sache richtig gestellt.

Bei Diego angekommen, erstellen wir ihm erst mal eine Spotify Liste mit deutschen Liedern, da Diego mittlerweile B1 im Deutschen hat. Wir versuchen seit ich hier bin nur Deutsch miteinander zu sprechen und zu schreiben. Im Bus ins Centro fallen wir damit durchaus etwas auf. Wir fahren ins historische Zentrum Quitos. Die Busse stoßen schwarze Rauchwolken aus, Händler steigen in den Bus ein und bewerben ihre Ware und wer sich im Bus nicht gut festhält, fällt um. Wir steigen die steile Straße zur Basilika auf und ich bestelle an der Kasse zwei Eintrittskarten. Es gibt Karten für Ecuadorianer und welche für Touristen. Ein bisschen stolz bin ich schon, dass ich automatisch zwei Karten für Ecuadorianer bekomme.

Nach unzähligen Stufen haben wir einen unglaublichen Blick über Quitos Süden. Zuletzt war ich vor 10 Jahren mit Mama, Papa und Anna hier oben. Am Nachmittag begleite ich Diego in die Uni zu seinem Deutschkurs. Santi, mein großer Gastbruder, holt uns nach dem Kurs ab und wir machen uns auf den Weg in Quitos Norden. Wir holen Santis Frau Male ab und landen zum Essen auf einer wunderschönen Dachterrasse mit Lichterketten, Loungemöbeln und richtig gutem Essen. Regulär findet man in Ecuador eher grelle Beleuchtung und gerne auch Plastikstühle, weshalb so ein schönes Ambiente eine schöne und besondere Abwechslung ist. Bei Crepes, Tee und Kaffee kommen wir irgendwann aufs Thema Reisen und mir wird wieder bewusst wie privilegiert ich mit meinem deutschen Pass bin. 


Ich habe über das Thema schon mehrmals geschrieben, aber immer wieder macht mich diese Ungerechtigkeit richtig wütend. Wie kann es sein, dass ich fast überall einfach so hinreisen darf, nur weil ich das Glück hatte, in Deutschland geboren zu sein. Santi und Male haben beide gut bezahlte Jobs in Ecuador, eine Wohnung, Familie hier und sind sehr zufrieden mit ihrem Leben in Ecuador. Dennoch haben sie den Wunsch etwas von der Welt zu sehen. Verständlich. Doch mit ihrem ecuadorianischen Pass dürfen sie in 90 Länder visumfrei reisen. Zum Vergleich: mit einem deutschen Pass sind es 158 Länder. Vor allem für Reisen in die Europäische Union oder auch in die USA ist das Visumverfahren relativ komplex. Nicht wie wenn wir mal eben schnell ein ESTA-Formular beantragen, sondern wir sprechen von hohen Kosten, unendlichem Zeitaufwand und vielen Dokumenten wie Einladungskarte, Nachweise über Kontostände etc.


3 Dinge bringen mich an dem Abend besonders zum Nachdenken:

  1. Male würde gerne nach Mexiko reisen. Bis letztes Jahr durften Ecuadorianer visumfrei nach Mexiko reisen. Doch da in der Pandemie viele über Mexiko versucht haben in die USA einzureisen, braucht es ab nun ein Visum.
  2. Santi und Male waren letztes Jahr auf San Andres, einer wunderschönen Karibikinsel, die zu Kolumbien gehört. Es hätte unzählige günstige Flüge mit einem Umstieg in den USA gegeben. Doch weil sie sogar für den Transit in den USA ein Visum bräuchten, mussten sie die wesentlich teureren Flüge buchen.
  3. Im Juni 2022 heiraten Freunde von Santi und Male in den USA. Die beiden haben sich vor ein paar Monaten für ein Visum beworben, um zur Hochzeit zu fliegen. Ohne jegliche Begründung wurde dieses abgelehnt. Die große Sorge ist, dass Personen mit einem Touristenvisum einreisen und dann nicht mehr gehen. Durchaus ist diese Sorge berechtigt, denn in der Pandemie ist dies tatsächlich sehr häufig geschehen. Doch wenn ich jegliche Dokumente vorlege, die zeigen, dass ich durchaus Interesse habe zurückzukehren, wie kann mein Visum dennoch abgelehnt werden? Vor allem, wenn ich bereits, wie die beiden, zwei Visa für den Schengen Raum und ein Visum für Großbritannien erhalten habe und jedes Mal zurückgekehrt bin. Wie kann es sein, dass ein US-Beamter bestimmen kann, ob ich zur Hochzeit meiner Freunde fahren darf oder nicht.




Donnerstag, 10. März 2022

Donnerstag I

Nach 7 Kilometern um 7 Uhr morgens quer durch den Norden Ambatos , stärken meine Gastmama und ich uns erst mal mit gegrillter Kochbanane zum Frühstück. Anschließend mache ich mich auf den Weg meine Gastschwester aus meiner vorherigen Gastfamilie auf der Arbeit zu besuchen. Logopädie in Ecuador steht auf dem Programm. Als ich vor 10 Jahren meinen Freiwilligendienst hier gemacht habe, war das Thema Logopädie und Ergotherapie noch nicht wirklich präsent. Erst seit einigen Jahren gibt es den Studiengang "estimulación temprana". Dieser vereint Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie und allgemeine Frühförderung von Kindern bis 6 Jahre. Meine Gastschwester hat genau das studiert und dieses Jahr ihre eigene Praxis aufgemacht. Nach dem wir uns erst mal ein gegenseitiges Lebensupdate gegeben haben, darf ich mit in ihre Therapien kommen. Zuerst behandeln wir ein Baby, welches mit 9 Monaten eindeutige Auffälligkeiten in der Bewegung und im Kraftaufbau hat. Anschließend kommen die Sprachkids und es zeigen sich ähnliche Störungsbilder wie auch bei uns. Es ist super interessant das ganze Geschehen auf Spanisch zu beobachten und selbst mitzumachen. Estimulación temprana ist in Ecuador nichts, was durch die allgemeine Krankenversicherung bezahlt wird, sondern wird von den Eltern privat bezahlt. Die Preise variieren für eine Sitzung von 45 Minuten zwischen 7-12 Dollar. Zur Einordnung: Der Mindestlohn pro Monat beträgt in Ecuador 425 Dollar. Viele der Eltern erhalten diesen Mindestlohn. Interessant ist, dass es für Erwachsene weiterhin kaum Angebote für Logopädie gibt. Wenn es solche Angebote gibt, sind diese zumeist direkt an ein Krankenhaus angeschlossen. 

Da ich aber schließlich immer noch Urlaub habe, bleibe ich nur bis zur Mittagspause und mache mich anschließend mit meiner Gastmama auf den Weg ins Centro um noch ein paar Besorgungen zu machen. Im Radio läuft Werbung bzw. eine Erinnerung, dass Kinder ab 1,35 m sich anschnallen sollten und davor bitte einen Kindersitz benutzen sollten. Netter Versuch, aber wird hier fast gar nicht umgesetzt. Die zweite interessante Werbung ist Werbung für den ecuadorianischen Bundestag, die Asamblea. Übertragen auf Deutschland würde ich es als seltsam empfinden, wenn im Radio beworben werden würde, wie wichtig der Bundestag ist. Auf dem Rückweg kommen wir in eine Polizeikontrolle. Da ich mal wieder fahren, aber leider keinen Führerschein dabei habe, müssen wir kurzerhand improvisieren. Wir fahren ganz langsam auf die wartende Schlange zu, warten bis jemand rausgezogen wird und fahren dann schnell an der Polizei vorbei, während sie beschäftigt sind. Willkommen in Ecuador. Am Nachmittag mache ich einen großen Spaziergang mit Willy und es gibt zum zweiten Mal an diesem Tag ein großes und ausführliches Lebensupdate.

Mittwoch, 9. März 2022

Mittwoch I

Der Tag startet mit einem noch größeren Spaziergang mit meiner Gastmama. Wieder um 7 Uhr. Ich habe ja schließlich Urlaub. Die Sonne kommt gerade raus und der Himmel ist strahlend blau. Die Spitzen der Vulkane um uns herum sind mit Schnee bedeckt. Der Medizinmann an der Straßenecke rührt bereits fleißig klebrige Getränke zusammen, die jede Krankheiten heilen und aus den Lautsprechern schallt schon am frühen Morgen Reggaeton. Wir kaufen Orangen im Wert von einem Dollar. Man geht in den Laden und sagt: "Nachbar, gib mir bitte Orangen für einen Dollar." Ist gerade Orangensaison bekommt man mehr für seinen Dollar. Nach dem Frühstück starte ich zu Fernando und Vero, Freunde noch aus Cedemusica Zeiten. Amy, Gabriel und Francisco, die drei Kinder der beiden sind auch zu Hause. Vero und Fer haben entschieden, dass sie ihre Kinder weiterhin zu Hause unterrichten. Hauptgrund für ihre Entscheidung war das Schulsystem der öffentlichen Schulen hier. Durchaus gibt es hier engagierte Lehrer und gute Schulen! Häufig kommt im ecuadorianischen Schulsystem jedoch selbstständiges Arbeiten, Lösungen finden, diskutieren können, kritisches Hinterfragen viel zu kurz. Zumeist steht leider auswendig lernen und einfaches kopieren von Aufgaben im Vordergrund. Da Vero und Fer ursprünglich beide Lehrer sind und ihre aktuellen Jobs relativ flexibel gestalten können, ist Home Schooling möglich. Heute steht Landeskunde und ein bisschen Deutsch mit mir auf dem Programm. Die drei Kids wollen alles mögliche über Deutschland wissen: Gibt es dort auch solche Häuser wie hier? Kann man gut Fahrrad fahren? Gehen die Kinder auch in die Schule? Welche Sprache spricht man? Außerdem zeigen sie auf die verschiedensten Gegenstände und fragen wie sie auf Deutsch heißen. Bei der Aussprache brechen sie sich fast die Zunge. Aber auch Fer und Vero fragen viel über die Pandemie und das Leben in Deutschland. Beide sind seit circa einem Jahr Vegetarier und dies ist in Ecuador durchaus noch nicht ganz so selbstverständlich wie bei uns. Vor allem in Ambato gibt es kaum Restaurants mit vegetarischen Gerichten, wenn man nicht jedesmal Reis mit Linsen und Spiegelei esse möchte. Aus "ich komme bei Euch zum Mittagessen vorbei" wird ein ganzer Tag und ich genieße das wilde Familienleben in vollen Zügen. Wir spielen Halli Galli, was ich für die Kids aus Deutschland mitgebracht habe, fahren ins Centro, um eigentlich ein Eis zu essen, aber am Ende dann doch wo ganz anders zu landen und und ich werde weiter über mein Leben in Deutschland ausgefragt.



Vulkan Chimborazo.

Ambato



Dienstag, 8. März 2022

Dienstag I

Ein klassischer Sarita-Vamos-Tag wie er im Buche steht.

Der Tag beginnt um 7 Uhr mit einem großen Spaziergang durch unser Viertel und das nebenan mit meiner Gastmama. Unser Hausvulkan versteckt sich hinter Wolken und so wird es auch leider den ganzen Tag bleiben. Wir plaudern über das ecuadorianische Rentensystem, über Lieblingsorte und den Mangel von Handwerkern in Deutschland, kommen zu Hause an, frühstücken und dann kommt das, worauf ich eigentlich schon die ganze Zeit gewartet habe: "Vamos, Sarita". Germa und ich steigen ins Auto und wissen eigentlich gar nicht wirklich wo wir hinwollen. Aber hauptsache wir sitzen schon mal abfahrtbereit im Auto. Wir entscheiden uns für den Markt in Salasaka. Hängematten, Decken, Schals, Taschen, Tischdecken - nur Dinge von denen Lars behaupten würde, dass wir nicht noch mehr davon benötigen. Der Markt hat sich bereits bei meinem letzten Besuch ziemlich verkleinert, nun sind nur noch 3 Stände übrig. Dennoch werden wir fündig und eventuell muss eine weitere Alpaka-Decke in unser Wohnzimmer einziehen. Wir sitzen wieder im Auto und fragen uns: wohin nun? Nächster Stop: Aussichtspunkt, um auf den Vulkan zu schauen. Gestaltet sich nur leider schwierig, wenn der Vulkan komplett von Wolken umgeben ist. Zum Glück weiß ich ja, wie der Vulkan aussieht. Wieder sitzen wir im Auto: Wohin nun? Zuerst geht es zu ein paar kleineren Wasserfällen, danach zur neusten Attraktion in Baños: eine Hängebrücke mit Glassteinen. Wenn man auf die Glasplatten tritt, wird über Lautsprecher der Sound von brechendem Glas abgespielt. Ecuadorianischer Humor. Zum Abschluss gibt Ecuadorianisches Essen auf "fancy" gemacht und wir schlängeln uns durch die Anden zurück aus Baños nach Ambato. LKW und Busse überholen auf den engen Straßen, machen aus 2 Spuren auch gerne mal 4 Spuren und zwischendurch hüpft ein Straßenhund auf die Straße. Plötzlich hört der Asphalt auf und die Straße besteht ein kurzes Stück nur noch aus schwarzem Schotter und Asche. Germa erklärt mir, dass hier beim letzten Vulkanausbruch leider die Straße ein bisschen kaputt gegangen ist. Kann passieren. Ein paar Meter weiter kehren wir zurück auf normalem Asphalt. Meine Gastmama strickt auf dem Beifahrersitz, ich versuche uns sicher nach Hause zu fahren und im Radio laufen unseren liebsten schulzigen Liebeslieder. Je näher wir Ambato kommen, desto dichter wird der Verkehr. Jeder der irgendwie die Möglichkeit hatte, hat sich in der Pandemie ein Auto oder Motorrad gekauft, um nicht mehr im engen und überfüllten Bus mitfahren zu müssen. Und tatsächlich: die Busse sind wesentlich leerer. Die Luft macht es allerdings nicht unbedingt besser. Nicht, dass es hier in der Stadt je die beste Frischluft gegeben hätte, aber man merkt durchaus eine Veränderung. Dahingehend ist die Maskenpflicht auf den Straßen manchmal auch gar nicht so schlecht, wenn mal wieder ein Bus neben einem eine große schwarze Wolke ausstößt.







theoretisch ist hinter uns der Vulkan








Montag, 7. März 2022

Montag I

Die Nachbarn haben einen neuen Hahn. Ab 4 Uhr wird vor meinem Fenster wild gekräht. Dazu kommt, dass die Hauptstraße aktuell umgebaut wird und der gesamte Verkehr durch unsere kleine beschauliche Straße geleitet wird. Und da das Leben in Ecuador sowieso immer sehr früh beginnt, donnern bereits ab 5 Uhr die Autos, Busse und LKWs vor unserem Haus entlang. Ausschlafen an meinem ersten Urlaubstag hatte ich mir ein bisschen anders vorgestellt. Um halb 7 höre ich wie mein Gastpapa zum täglichen Morgenspaziergang startet und um 7 Uhr bin ich dann endgültig wach. Eltern mit Schulkindern in Schuluniform eilen über die Straßen, um noch pünktlich zum Unterricht zu kommen. Erst seit einigen Wochen gibt es in Ecuador wieder Präsenzunterricht. Fast 2 Jahre waren die Schulen nun komplett geschlossen und es wurde lediglich Unterricht über Video angeboten. Doch vor allem auf dem Land haben viele Familie keinen wirklichen Zugang zum Internet. Corona hat durchaus seine Spuren hinterlassen. Auf dem Weg in die Stadt wird das hier und da sichtbar. Viele Geschäfte haben geschlossen, viele Familien haben jemanden an Covid verloren und viele sind laut meinen Gasteltern ausgewandert.

Dennoch auf dem Markt herrscht wildes Treiben, aber auch konsequente Maskenpflicht. Auf dem Boden ausgebreitet liegen Früchte, Spielsachen, Kräuter, aber auch Elektrogeräte, Schuhe, Unterwäsche und Toilettenpapier. Musikboxen sind voll aufgedreht, ein Mann mit einer Schubkarre voll mit Limetten kommt uns entgegen und Kinder mit Styroporboxen gefüllt mit Eis schlängeln sich durch die Menschen. Ob diese Kinder nicht eigentlich in den wieder eröffneten Schulen sitzen sollten, ist fraglich. Meine Gastmama und ich lassen uns treiben, kaufen hier und da Früchte und Gemüse. Der Sonnenschirm des Verkaufsstandes ist so niedrig, dass sogar ich mir mit meinen 1,60 m den Kopf stoße. Willkommen in Ecuador.









Sonntag, 6. März 2022

Besuchen Sie Ecuador zum ersten Mal? - Nein. EcuadorSarita 2022 ist zurück.

Meine FFP2 Maske sitzt stramm in meinem Gesicht, meine Gesundheitserklärung wird gescannt und mein Impfnachweis ist fast noch wichtiger als mein Reisepass. Reisen hat sich eindeutig verändert. Aber da Impfnachweis und Maske nach 2 Jahren Pandemie zu unserem Alltag gehören, macht es beim Reisen auch keinen großen Unterschied mehr. Pünktlich um 7:30 Uhr hebt mein Flugzeug Richtung Madrid ab. Die Sonne ist gerade aufgegangen, die Straßen und Häuser werden immer kleiner und es fühlt sich alles unfassbar normal an. 

Vor exakt 9,5 Jahren sah das tatsächlich ganz anders aus. September 2012. Die 2,5 Stunden nach Madrid waren tränenüberströmt, mein Magen fühlte sich an, als könne ich nie wieder was essen und wurde ich auf Spanisch angesprochen, stieg leichte Panik in mir auf. 

Heute sitze ich lediglich sehr müde auf meinem Platz 12F, freue mich auf meine Snacks in meinem Rucksack und plaudere mit meinem Sitznachbarn auf Spanisch, bevor mir die Augen zufallen und ich 2,5 Stunden später am ersten Etappenziel Madrid ankomme.


Meine 4 Stunden Zwischenstopp nutze ich für eine kleine Maskenpause an der frischen Luft im Parque Juan Carlos. Nun war ich schon so oft in Madrid am Flughafen und habe den perfekten Ort für den Zwischenstopp erst heute gefunden. Ich fahre ein paar Stationen mit der Bahn, laufe unter blühenden Mandelbäumen entlang und lasse mir die Frühlingssonne ins Gesicht scheinen. 


Um 16:00 Uhr hebt mein Flugzeug mit meinem eigentlichen Ziel, Quito, ab. Bevor es jedoch soweit ist, herrscht um mich herum ein wildes Treiben. Der ein oder andere findet trotz Boarding Pass seinen Platz nicht, die anderen haben die zulässige Handgepäcksmenge mit diversen Tüten und Taschen eindeutig überschritten und es fehlt an Platz in den Gepäckfächern. Jeder um mich herum telefoniert und teilt seinen Liebsten am anderen Ende der Leitung mit, wo genau er oder sie nun im Flugzeug sitzt. Ein Baby weint weiter hinten und irgendjemand schaut Telenovelas auf dem Handy. Laut. 


Mir wird mal wieder bewusst, welch eine eigene Welt das Fliegen ist. Schon am Flughafen ist das zu erkennen. Komplett unabhängig von der Außentemperatur siehst du Menschen in kurzen Hosen und Sandalen oder aber in dicken Daunenjacken und Mütze. Im Flugzeug selbst geht diese eigene Welt direkt weiter, denn es ist eine komplette Durchmischung der Kulturen. Personen, die am Zielort zu Hause sind, andere, die als Touristen mitfliegen. Und jeder bringt ein Stück der eigenen Kultur mit ins Flugzeug. Sicherlich schütteln einige ungläubig über mich den Kopf, als ich das Flugzeug-Sandwich ablehne und meine vorbereiteten Apfelstückchen und Couscous Salat auspacke. So wie ich den Kopf schüttele, dass man Telenovelas selbstverständlich ohne Kopfhörer schaut und alle daran teilhaben lässt.


Mir wird auch mal wieder bewusst, wie lange 11 Stunden und 10 Minuten Flug sein können. 

Doch irgendwann sind auch diese rum, um genau zu sein nach 11 Stunden und 10 Minuten und ich lande in Ecuador. Ein Land das sich ziemlich nach einem zweiten Zuhause anfühlt.

Für die Einreise wird mein Impfnachweis und meine Gesundheitserklärung erneut geprüft und ich werde gefragt, ob es mein erster Besuch in Ecuador sei. Ich verneine. Der Flughafen empfängt mich direkt mit dem für Ecuador so klassischen süßlichen Duft von Putzmittel mit dem alles geputzt wird. Diesmal mischt sich noch ein wenig Desinfektionsmittel unter.

Die Koffer aus meinem Flugzeug werden praktischerweise auf zwei unterschiedlichen Gepäckbändern ausgeladen und so hüpfe ich zwischen den beiden Gepäckbändern hin und her bis ich endlich meinen Koffer finde. Wieder einmal bin ich froh, dass mein Koffer mit über 1 kg Schokolade, Wein, Apfelgelee und Vollkornbrot den Weg bis nach Ecuador geschafft hat. Ich rolle meinen Koffer durch die letzte Sicherheitsschleuse, mein Pass wird erneut gescannt und da öffnet sich die Tür und ich erblicke mein Abholkomitee. Germa, Jorge, Santi, Male und Diego warten mit Herzluftballons auf mich und es fühlt sich an, als sei ich gar nicht weggewesen. Diese zwei Jahre fühlen sich nicht wirklich an wie zwei Jahre.

Wir setzen Diego, Santi und Male in Quito ab und ich fahre mit meinen beiden Gasteltern weiter nach Ambato. Um halb 2 kommen wir in Ambato an und ich falle nur noch in mein Bett. Ecuador ich bin zurück. Zumindest für 10 Tage.


Päuschen in Madrid
 
Mein Abholkomitee