Sonntag, 31. März 2019

Tag 10 - Umzug

Die Abschiedsparty hat doch einige Nachwirkungen und meine Mitbewohner schleppen sich erst gegen Mittag aus ihren Zimmern. Ich nutze die Zeit für ein bisschen Unterrichtsvorbereitung, denn ab morgen wird es dann ernst. Ich sitze unter unserem Sonnenschirm auf dem Balkon, trinke meine Limonade und lese mich ein bisschen ins Gerundiv bzw. Gerundivum ein. Ich bin gespannt, ob vielleicht eher ich noch etwas von meiner C1 Schülerin lerne als andersherum.
Irgendwann wird meine Balkonidylle durch ziemlich viel Rauch in unserer Straße gestört. Irgendein Nachbar dachte scheinbar, es sei eine gute Idee am Sonntag irgendwas zu verbrennen. Also qualmt es in unserer gesamten Straße. Leider fällt mir viel zu spät ein, dass noch meine frisch gewaschene Wäsche auf der anderen Terrasse hängt. Meine T-Shirts und Hosen haben nun doch einen leichten Lagerfeuerduft.
Zum Sonnenuntergang klettern wir nochmal alle zusammen aufs Dach. Theoretisch könnte man von Dach zu Dach laufen, so eng sind die Häuser gebaut. Auf jedem Dach steht ein riesiger Wassertank und es liegt unfassbar viel Bauschutt und Krams der Bewohner herum. Hinter all dem geht gegen 19 Uhr die Sonne langsam unter und kaum ist die Sonne weg, beginnt der Überfall der Mücken. Anschließend verabschieden wir also meine Vorgängerin Laura und stehen winkend an der Tür bis das Auto um die Ecke abbiegt. Und innerhalb von einer Stunde ist aus Lauras Zimmer Sarahs Zimmer geworden. Mit einem etwas weniger farbenfrohen Kleiderschrank, meinen eigenen Fotos an der Wand und einer gemütlichen Lichterkette.




Tag 9 - noch mehr Fiesta

Wer bisher den Eindruck hatte, dass in Mexiko vor allem Fiesta im Vordergrund steht, hat irgendwie nicht ganz unrecht. Der Tag beginnt aber erstmal um 9 Uhr mit Deutschunterricht. Um halb 1 versammeln wir uns alle im Garten des Centro Alemans, singen heute kann es regnen, stürmen oder schneien zum zweiten Mal (heute aber für Matthias meinen Mitbewohner) und zünden die besondere Turbo-Kerze draußen an. Wir lernen aus unseren Fehlern. Anschließend gehts zum WG-Geburtstagsessen ins Restaurant am Ende unserer Straße. Es gibt typisch mexikanisches Essen mit Enchiladas, Tacos, Guacamole, Quesadillas und einer Batterie an scharfen und noch schärferen Saucen. Irgendwie können wir leider nicht verschweigen, dass wir Geburtstag feiern und so taucht plötzlich der Kellner mit einem großen Stück Torte mit Kerze auf. Dazu bringt er noch interessante Accessoires wie eine Perücke, einen Wikingerhelm und eine Art Sixpack zum umhängen. Im Restaurant wird die Musik aufgedreht und Mathias wird zum Kerzen auspusten angefeuert.

Nach einem kurzen Zwischenstopp zu Hause brechen die anderen auf ins Fußballstadion. Mathias gehört eindeutig zu der Kategorie Fußballfan bis Fußballfanatiker. Also geht es für die anderen ins Stadion. Ich war davon einfach nicht zu überzeugen und wollte den sturmfreien Nachmittag eigentlich für ein bisschen Unterrichtsvorbereitung nutzen. Daraus ist irgendwie nichts geworden, denn ich konnte leider auf dem Weg auf die Terrasse nicht an dem riesigen undefinierbaren Haufen in unserem Flur vorbeilaufen. Der Haufen scheint in den letzten Monaten stetig gewachsen zu sein und es ist alles zu finden: kaputte FlipFlops, Unterrichtsmaterialien, Stifte, ein Regenschirm, ein Dirndl, eine Wärmflasche, Nagellackentferner, Shampoo, Bettwäsche usw. Jeder Praktikant, der die WG verlassen hat, hat hier scheinbar ein Andenken in Form von Krams zurückgelassen. Leider konnte ich dies nicht mehr mit ansehen und nachdem ich die Woche schon die Küche neu sortiert habe, wurde heute der Haufen entfernt. Danach blieb dann leider keine Zeit mehr für Unterrichtsvorbereitung, denn was wäre der Abend ohne eine weitere Verabschiedungsparty? Ich treffe meine Mitbewohner direkt bei einem Freund in mal wieder einer der abgesperrten Wohnviertel und wir bereiten die nun letzte Abschiedsparty für meine Vorgängerin vor. Typisch mexikanisch lassen sich die Gäste Zeit und statt um 9 beginnt die Party so richtig erst um 11. Läuft zu Beginn noch entspannte Party-Hintergrundmusik beginnt irgendwann die Salsa Stunde. Ich bin im 7. Himmel. Aus der Salsa Stunde werden mehrere Stunden und ich bin froh, dass das Wohnzimmer ausreichend Platz für so viele tanzende Menschen hat. Die anderen Praktikanten führen mich nach und nach in ihren Freundeskreis ein, damit ich hier auch ja nicht einsam werde, falls sie mal nicht da sind. Morgen ist dann nun der endgültig letzte Tag meiner Vorgängerin und ich ziehe aus dem Übergangszimmer in mein richtiges Zimmer um. Im Haufen habe ich heute auch noch eine Lichterkette gefunden. Ich denke, diese wird eine der wichtigsten Einrichtungsgegenstände in meinem neuen Zimmer.

Freitag, 29. März 2019

1 Woche - muy fresa


Am Freitag habe ich frei. Wer das Sams kennt, kennt diesen Spruch. Und endlich stimmt er auch für mich. Da wir samstags unterrichten, ist der Freitag unser Samstag und wir haben frei. Trotzdem stehen wir um kurz vor 9 im Centro Aleman und singen „heute kann es regnen, stürmen oder schneien“ für die eine der Mitarbeiterinnen. Unser wunderbarer Gesang wird jedoch vom Rauchmelder unterbrochen. Eventuell hätte man die besondere Feuer-Wunder-Kerze besser draußen anzünden sollen. Aber wer hätte auch gedacht, dass die Rauchmelder tatsächlich funktionieren. Nach einem Kuchen-Frühstück im Garten vom Centro mache ich mich mit den 3 anderen WG Mädels auf ins Shopping-Center. Wir betreten eine komplett andere Welt. Kleine aufgeräumte Läden, nett angelegte Beete, dezente Musik. Mein Ziel: Ein Outfit für die Hochzeit meiner mexikanischen Freundin Vale nächste Woche. Ein Kleid hat zwar noch in meinen eh schon vollen Koffer gepasst, aber für schicke Schuhe war eindeutig kein Platz mehr. Nach 3 Stunden sind wir beladen mit Tüten und fahren super „fresa“ (übersetzt Erdbeere, aber so werden die Schicki-Micki-Girls der Oberschicht hier genannt) mit dem Uber wieder nach Hause.
Zum Sonnenuntergang setzen wir uns auf unseren Lieblingsplatz in Querétaro - das Dach unseres Hauses. Dort hoch zu kommen ist etwas abenteuerlich und ich beschreibe lieber nicht genau wie das von statten geht, aber für den Ausblick der untergehenden Sonne lohnt sich die Kletterei. Heute ist WG-Abschied an der Reihe, bevor morgen dann die letzte große Abschiedsparty bei einem Freund meiner Mitbewohnerinnen steigt. Wir sitzen also entspannt auf dem Dach, ich werde in WG-Tratsch-und-Klatsch eingeführt und bekoche anschließend meine neue WG mit ecuadorianischem Essen. Schließlich muss ich es ausnutzen, dass ich für Kochbananen nicht erst in die Kleinmarkthalle nach Frankfurt fahren muss. Leider stelle ich jetzt so kurz vorm Schlafen jedoch fest, dass unser Freitag eigentlich eher ein Sonntag ist, denn morgen um 9 Uhr wartet der A 1.2 Kurs auf mich.



Donnerstag, 28. März 2019

Tag 7 - Nachbarschaftsplausch

Nach nun fast einer Woche lediglich kurz über die Straße auf die Arbeit huschen, anschließend wieder nach Hause und eventuell noch einem Spaziergang zum Supermarkt am anderen Ende der Straße, war es mir heute eindeutig nach Bewegung. In Ecuador war die Jogger-Community eher begrenzt bis nicht vorhanden und ich wurde beim Joggen durchaus seltsam angeschaut. Nach einer kleinen GoogleMaps Recherche habe ich jedoch den Uni-Campus als perfekte Joggingroute auserkoren. Auf dem Weg dorthin spaziere ich erstmal gemütlich durch die Straßen unseres Viertels und die Stadt fängt an aufzuwachen. Die kleinen Stände am Straßenrand bauen ihre mobilen Küchen auf, Schüler sind auf dem Weg in die Schule und die regulären Stadtbusse erwecken den Eindruck als ob sie gleich auseinander fallen. Aus offenen Autofenstern ist verschiedenste Musik zu hören und ich genieße es, dass sich alles so vertraut anfühlt. Auf dem Uni-Campus sind tatsächlich noch einige andere sportlich aktiv und man kann ganz entspannt mit Handy in der Hand über den Campus laufen. Nicht unbedingt überall eine Selbstverständlichkeit und für mich sehr viel wert. Zurück zu Hause hängt an unserer Tür die Stromrechnung. Einen Briefkasten hat hier kein Haus. Unser Haus ist schon besonders, denn es besitzt eine echte Klingel. In der Regel wird einfach gegen das große Eisentor, welches jedes Haus hat, gehämmert. So eine Klingel finde ich dagegen schon praktisch. Die Stromrechnung muss hier in einem kleinen Kiosk bezahlt werden. Genauso wie die Rechnung für das Internet. Auch wenn mir Mexiko teilweise sehr fortschrittlich und modern erscheint, Einzugsermächtigung und Dauerauftrag scheint hier noch nicht so gängig zu sein. Also mache ich mich auf den Weg und bezahle unsere Rechnung, denn in meiner ersten Woche hier habe ich sowieso noch nicht all zu viel zu tun.

Auf dem Rückweg entdecke ich einen kleinen Obst- und Gemüseladen und weiß direkt, dass ich hier die nächsten 3 Monate Stammkundin sein werde. Kamen mir die Preise im Supermarkt bisher relativ hoch vor, erlebe ich nun das komplette Gegenteil z.B. Avocado für 36 Cent. In dem winzigen Laden tummeln sich nur Damen aus der Nachbarschaft und wir kommen ein bisschen ins Gespräch. Vielleicht gibt es Chancen für mich in den Nachbarschafts-Damen-Club aufgenommen zu werden. Jedenfalls habe ich heute von ihnen schonmal Komplimente für meine gute Gemüseauswahl bekommen.

Der Tag endet mit einer weiteren Abschiedsparty - wie sollte es anders auch sein. Diesmal gehts mit dem Dienstag/Donnerstag-Kurs in dieselbe Bar wie schon am Tag zuvor und beim Betreten nickt man uns freundlich zu.


Mittwoch, 27. März 2019

Tag 6 - Wasser und mein erster Tequila

Haben sich Montag und Dienstag tatsächlich noch ein bisschen wie Urlaub angefühlt, habe ich ab Mittwoch nun mit meiner Unterrichtsvorbereitung begonnen. Meine erste Aufgabe für meinen Dienstag/Donnerstag-Kurs: Vorbereitung auf die A1 Prüfung und diese auch mit ihnen durchführen. Also sitze ich auf unserem WG-Balkon, trinke meine Limonade (einfach Wasser mit frischen Limetten, was aber zu Hause ganz anders schmeckt), beobachte das Treiben gegenüber im Centro Aleman und wiederhole die Satzstellung im Deutschen, Possesivartikel im Akkusativ und Dativ und das Perfekt. Alles noch machbar wie ich feststelle und bin beruhigt. Zwischendurch fährt ein Motorrad durch die Straße mit furchtbarer Melodie und verkauft Tamales und kurz danach hört man laut "ciel aguaaa ciel" - der Wassermann ist da. Da ich die einzige zu Hause bin, ist nun also meine Aufgabe neues Trinkwasser zu kaufen. Ich öffne die Türe und bestelle drei Mal Wasser. Ich gebe unsere leeren Kanister zurück und erhalte 3 neue 20 Liter Kanister für umgerechnet 6 Euro. Die nächste Woche ist gesichert.



Unten rattert die Waschmaschine vor sich hin und beim anschließenden Wäsche aufhängen merke ich, dass doch einige Ecuador-Tricks einfach verinnerlicht habe. So hänge ich draußen auf der Terrasse alle meine dunklen Sachen linksrum auf die Wäscheleine, damit die Sonne sie nicht ausbleicht und befestige alles mit Wäscheklammern, da sonst die Wäsche durch den Wind auf dem Boden landet und direkt wieder schmutzig ist.

Um halb 4 fährt vor unserem Haus ein Taxi vor und meine Vorgängerin und ich werden abgeholt, um zum Firmenkurs zu fahren. Einmal die Woche findet ein Kurs für die Mitarbeiter eines deutschen Unternehmens statt. Wir fahren circa 20 Minuten durch die Stadt und kommen an einem hohen modernen verspiegelten Bürokomplex an. Wenig später sitze ich in einem kleinen Konferenzraum auf einem Drehstuhl und erkläre einer Hand voll Mitarbeitern den Imperativ und die Verwendung von "man" im Deutschen. Irgendwie ist das schon ein besonders und bisschen seltsames Gefühl, wenn der Büroalltag um einen herum einfach weiter geht.

Für die letzte Stunde mit unserem Kurs am Mittwoch Abend hat sich meine Vorgängerin etwas besonderes überlegt: deutsche Schimpfwörter. Die Teilnehmer sind begeistert und ich bin froh, dass uns sonst niemand hört. Wir sortieren die Schimpfwörter nach weniger schlimm, schlimm und verboten - sicher ist sicher. Dabei lerne ich dann auch das ein oder andere mexikanische Schimpfwort. Wer weiß, kann man vielleicht immer mal gebrauchen. Bei Abschiedsparty 1 dieser Woche brauche ich sie jedenfalls noch nicht. Wir gehen mit dem gesamten Kurs in eine Bar in der Nähe der Sprachschule, in der Ecke spielt jemand entspannt Gitarre und ich lerne wie man in Mexiko richtig Tequila trinkt. Kommt man wohl nur schwer drumherum. 

Sonntag, 24. März 2019

Tag 3 - Ausflugstradition


Um halb 8 klingelt mein Wecker, ich telefoniere noch kurz mit Kathrin in Deutschland, springe unter die warme Dusche (die anderen Praktikanten haben mir direkt bei meiner Ankunft den Trick für warmes Wasser verraten) und quetsche mich wenige Zeit später mit den anderen auf die Rückbank unseres Ubers. Ich glaube der Fahrer ist nicht ganz so begeistert, dass wir dreist zu 4. auf dem Rücksitz Platz nehmen, aber die Fahrt zum Terminal ist wirklich kurz und 2 Uber wären irgendwie dekadent. Am Terminal steigen wir in mal wieder einen luxuriösen Primera Plus Bus, der uns in 2 1/2 Stunden nach Guanajuato bringt. Ein kleines süßen Städtchen mit süßen Häuschen, Plätzen und Cafés. 

Wir schlendern durch die Straßen, besteigen den Aussichtspunkt der Stadt und schauen uns ein verwinkeltes Gässchen mit 2 Balkonen an. Einst lebten in der Gasse ein junger Mann und eine junge Frau, deren Liebe jedoch verboten war. Doch die Gasse zwischen ihren Häuser war so eng und die Balkone so nah, dass sie sich dennoch küssen konnten. Das Ende der Geschichte kenne ich leider nicht. Im Reiseführer stand jedoch, dass es tragisch endete. War irgendwie zu erwarten. Wer sich hier jedoch küsst, hat laut der Legende 7 Jahre Glück in der Beziehung.

Nach einem kleinen Päuschen in einem Café auf einem schattigen Platz, tausend Angeboten, ob uns die Mariachis nicht ein schönes Lied spielen sollen und einem Abstecher in der Markthalle, machen wir uns wieder auf den Rückweg nach Querétaro.

Mein erster Ausflugs-Sonntag neigt sich also dem Ende zu. Da wir samstags immer arbeiten, bleibt nur der Sonntag für Entdeckungstouren. Die anderen Praktikanten haben daher den Sonntag zum Ausflugstag erklärt und erkunden Wochenende für Wochenende die Gegend.


Alles mit Chili - sogar die Süßigkeiten und Obst gibt es mit Chili.





Samstag, 23. März 2019

Tag 2 - Samstag de Fiestas

Der Samstag startet für mich und die anderen Praktikanten mit Unterricht von 9 bis halb 1. So wird jeder Samstag für mich die nächsten 3 Monate aussehen. Denn Samstag ist eben ein guter Tag für einen Sprachkurs. Ich begleite meine Vorgängerin also in ihren A1.2 Kurs und lerne die ersten „Schüler“ kennen - 12 Leute zwischen 20 und 60 Jahren. Erstmal sitze ich einfach nur dabei und mache mir langsam weniger Sorgen, ob ich das hinbekomme. Denn manchmal ist mir die deutsche Sprache durchaus ein Rätsel. Während ich noch auf meinem Beobachterplatz im Sprachkurs sitze, sehe ich wie gegenüber auf unserer Terrasse schon Girlanden aufgehängt werden. Mein erster Samstag wird direkt zum Party-Samstag. Um halb 1 versammeln sich alle Praktikanten, meine Chefin und die beiden Festangestellten der Sprachschule um die schwangere mexikanische Kurskoordinatorin zu verabschieden. Es gibt Kartoffelsalat, Couscous, Bruschetta, Tortillas, Bohnen und Apfelstrudel - also einmal querbeet durch die internationale Küche. Am Tisch wird eine Mischung aus Spanisch und Deutsch gesprochen und ich lerne meine ersten mexikanischen „Slang“-Wörter. Denn jedes Lateinamerikanische Land hat eben seine eigenen Wörter und mit meinem „Ecuador-Slang“ komme ich hier eindeutig nicht weit und schaue in fragende Gesichter. 


Nach Party 1 an diesem Samstag beschließe ich, dass es Zeit wird mehr von der Stadt kennenzulernen. Also packe ich mein eBook und meine Kamera ein und mache mich auf den Weg ins Centro. Innerhalb von 10 Minuten bin ich im Straßengewirr von Querétaros Centro. Bunte Häuschen, Blumen an den Fenstern, kleine verwinkelte Gassen, unzählige Kirchen und kleine Plätze. An sich gehe ich in der Menge unter, die sich an einem frühen Samstag Abend durch das Centro schiebt, aber in dem Moment in dem ich mich auf eine Parkbank in der Sonne setze oute ich mich eindeutig als extranjera - als Ausländerin. Denn wie auch in Ecuador scheinen Mexikaner die Sonne eindeutig zu meiden. Als ich nach Hause komme geht es direkt weiter zur nächsten Party. Aus einigen Schülern sind für die anderen Praktikanten gute Freunde geworden und so sind wir abends auf einer Hausparty in einem der schickeren Viertel von Querétaro eingeladen. Ich bin super froh, dass ich einfach so integriert werde und sitze wenige Minuten später auf dem Rücksitz von einem der Schüler der Sprachschule. Wir fahren Ewigkeiten durch die Stadt und mir wird erst jetzt bewusst wie groß diese Stadt ist. Irgendwann halten wir an einer Schranke, der Fahrer gibt einem Sicherheitsbeamten seinen Führerschein ab, das Kennzeichen wird registriert und wir erhalten eine Parkmarke. Wir fahren weiter durch eine abgetrennte Wohnsiedlung mit Häusern bei denen man nicht weiß wo sie anfangen und aufhören.    Auf der Geburtstagsparty weitere ich direkt mein mexikanisches Vokabular weiter aus und falle um halb 4 mit dem Wissen ins Bett, dass um halb 8 mein Wecker schon wieder klingelt.








Freitag, 22. März 2019

Tag 1 - Ein langer Freitag


Der luxuriöse Bus bringt mich in 3 Stunden vom Flughafen in Mexiko-Stadt nach Santiago de Querétaro. Reiseerfahren wie ich bin, habe ich mir am Flughafen direkt eine mexikanische SIM-Karte gekauft und kann mir dadurch direkt ein günstiges UBER zur Sprachschule bestellen. Meine dicke Winterjacke habe ich clever um meinen Koffer gebunden und ich bin froh, dass meine dicken Winterschuhe noch irgendwie Platz in meinem Koffer gefunden haben, denn ich steige bei entspannten 26 Grad Celsius aus dem Bus. Leider waren es in New York zwei Wochen zuvor noch entspannte -7 Grad, weshalb ich auf meine Winterjacke beim besten Willen nicht verzichten konnte. Bin ich sonst relativ geschickt bei der Reiseplanung, war dies eindeutig eine Fehlkalkulation. Denn über die Hälfte meines Kofferinhaltes ist für Mexiko eindeutig zu warm. Doch wann hat man schon die Chance nach New York zu fliegen.

An der Sprachschule werde ich direkt von meiner Chefin in Empfang genommen und wir spazieren einmal über die Straße in mein neues zu Hause für die nächsten 3 Monate, die Praktikanten-WG. Ein Haus mit Küche, Wohnzimmer, 2 Bädern, 4 Zimmern, einem Übergangszimmer und 2 Terrassen und 4 bzw. aktuell 5 Praktikanten. Allesamt deutschsprachig. Meine Vorgängerin wird mich die gesamte nächste Woche noch einarbeiten, bevor ich dann ihre Kurse und Einzelschüler übernehme. Das Haus lateinamerikanischer Standard mit Wasser, welches man nicht aus dem Hahn trinken kann, Klos, in die man besser kein Toilettenpapier schmeißen sollte und Türen, die „falsch herum“ aufgehen. Aber immerhin keine wilden Elektro-Dusch-Kopf-Konstruktionen im Ecuador-Style, sondern es gibt einfach gar keinen Duschkopf. Auch eine Lösung. Wasser fließt einfach aus einem Loch aus der Wand. Aber immerhin kochend heiß. Neben dem Herd in der Küche steht nicht wie ich erwartet hätte ultra gefährlich eine Gasflaschen, sondern das Gas kommt immerhin aus der Leitung. Ist auf jeden Fall ein Fortschritt zu der Küche meiner ecuadorianischen Gastfamilie. Zudem gibt es einen Wasserkocher, was mich teeliebenden Menschen natürlich besonders glücklich macht. Im Supermarkt habe ich mir direkt Zitronengrastee mit Limone gekauft. Das Teeregal bei Rewe ist so unfassbar groß, aber dieser Tee fehlt eindeutig im Sortiment.

Nach einer kleinen Hausführung und Einkaufsrunde im Supermarkt um die Ecke (um die Ecke im wahrsten Sinne des Wortes), falle ich am Freitag nur noch in mein Bett. Nach nur 3 Stunden Schlaf in der Nacht zuvor, Bustour mit einem gesprächigen Sitznachbarn, einem netten Nachmittag mit den anderen Praktikanten und einem kleinen Loch mit Lars-Vermiss-Moment nach 2 gemeinsamen Wochen, hilft nur noch schlafen.

Die Sprachschule

Direkt gegenüber - die Praktikanten WG. Mit Sonnenschirm und Liegestuhl.


Mexiko-Sarita: Auftakt


Vor 4 Tagen bin ich nun schon von Ecuador-Sarita zu Mexiko-Sarita geworden und habe ich einst durch Blog schreiben vor allem meine ganzen neuen Erlebnisse verarbeitet, ist es irgendwie zur Routine bei großen Reisen geworden. Diesmal ist jedoch so vieles so vertraut und auffällig unaufregend, dass ich bisher kaum das Bedürfnis nach „therapeutischem“ Blog schreiben hatte. Durchaus sind mir in den letzten Tagen die ein oder anderen perfekten Blog-Sätze durch den Kopf geschwirrt, doch irgendwie war ich abends viel zu müde, um auch nur einen davon weiter auszuformulieren. Doch heute Abend ist der erste Abend an dem ich nicht erschöpft ins Bettchen falle und mir ein wenig Zeit nehme, die letzten Tagen Revue passieren zu lassen.

Fahre ich am Freitag Morgen noch mit Lars über den verlassenen Highway in Houston, vorbei an amerikanischen Fast-Food-Ketten und günstigen Motels, sitze ich wenige Stunden später in einem bequemen luxuriösen Bus und schaue auf das bunte Treiben auf den Straßen von Mexiko-Stadt. Auf den Straßen sieht es so unfassbar vertraut aus. Alles ist bunt, es gibt unzählige kleine Läden und der Grill von el pollo feliz -das glückliche Hühnchen- qualmt ordentlich. An den kleinen Ständen an der Straße gibt es jedoch Tacos und nicht Fritada wie in Ecuador. Auch der Bus ist wesentlich bequemer als jeder Überlandbus in Ecuador. Auch FlixBus in Deutschland könnte sich hier noch etwas abschauen. Jeder Passagier kann den Sitz fast zu einem Bett umfunktionieren, es gibt eigene Bildschirme und ein Snacktütchen mit Wasser und super süßen Keksen.
Doch wie ist aus Ecuador-Sarita Mexiko-Sarita geworden und was machen Lars und ich zuvor in Houston? Kurz zurückspulen.


Da sich mein Masterstudium in Deutsch als Fremdsprache langsam dem Ende neigt, dachte ich, dass ein 3-monatiges Auslandspraktikum an einer Sprachschule vielleicht noch eine sinnvolle Abwechslung vor der Masterarbeit sein könnte. Meine Wahl ist auf das Centro Aleman in Santiago den Querétaro gefallen, eine nicht all zu kleine Stadt mitten in Mexiko. Hier unterrichte ich also nun bis Anfang Juli Deutsch. Auch Lars hat sich gedacht, dass ein kleiner Auslandsaufenthalt vor der Masterarbeit ganz nett sein könnte und ist seit Januar an der Rice University in Houston, genießt das amerikanische Unileben und vor allem amerikanisches Essen. Da Houston fast auf dem Weg nach Mexiko liegt, habe ich vor meinem Praktikumsstart noch einen kleinen Zwischenstop bei Lars eingelegt. Natürlich haben wir es uns nicht nehmen lassen noch den ein oder anderen kleinen Trip in den USA zu machen (wer Tipps für New York und die Nationalparks in Arizona braucht, die gibts über einen anderen Kanal) und mir wurde jeder Grashalm auf dem legendären Uni Campus gezeigt. Wer Lars kennt, der weiß, wie sehr er seine Uni lieben kann.


So sind wir also letzten Freitag gemeinsam auf dem Highway in Houston auf dem Weg zum Flughafen gelandet und aus Ecuador-Sarita wurde innerhalb von 2 Stunden Flug Mexiko-Sarita.

Top of the Rock, New York

Horsehoe Bend, Arizona

PickUp-Picknick

Grand Canyon