Donnerstag, 31. Januar 2013

21 Wochen

Mein Kopf liegt schwer auf der Theke der Farmacía, mein Blick ist leer auf die Straße gerichtet und ich höre zum 500. Mal heute die umgetextete Version von Gangman-Style als Wahlwerbung. Michelle klickt sich durch die Fotos der "Königin-von-Ambato-Kandidatinnen, meine Gastmama und mein Gastbruder lesen Zeitung und mein Gastpapa schaut wie hypnotisiert auf den Fernseher wo die neue Telenovela mit der großen blonden und flippigen Hauptdarstellerin läuft.
Alle 2 Minuten möchte jemand gerne eine Handyaufladung machen, denn nur noch heute gilt 2 por 1 ab 3 Dollar. Sprich 3 Dollar aufladen und 6 Dollar gutgeschrieben bekommen.
Während ich also auf der Theke döse, denke ich nach. Über den Tag, darüber was eigentlich passiert ist und dass schon wieder Donnerstag ist.
Ein Donnerstag mit viel Homepagearbeit, aufgedrehten Chorkindern und Schluckauf, der mich grundsätzlich an Cate erinnert.
Meine 3 Chormädels, María Belén, Raquelita und Leonela heute sehr lebendig.
Leonela hat mit ihren Geschichten und ihrem Schluckauf alle unterhalten und singen war kaum möglich. Nun weiß ich allerdings, dass Leonela um 5 Uhr morgens aufsteht um ihrer Mama bei der Feldarbeit zu helfen, dass sie mit 9 Jahren Tante ist, keiner in ihrer Familie ein Telefon besitzt und wie man einen indigenen Rock bindet.
Leonela trägt meistens die Kleidung der Indígenas. Einen schwarzen Rock, der aus einem einzigen Tuch besteht und am Bund mit einem bunten Band zusammengerafft wird, eine Bluse und ein weiteres Tuch aus dem gleichen Stoff wie der Rock über den Schultern.
Wie die Kleidungsstücke und das bunte Band in ihrem Haar auf Kichwa heißen habe ich allerdings leider schon wieder vergessen. Auch die anderen beiden Mädels haben ihr gespannt zugehört und konnten die Welt ohne Strom, Telefon und warmes Wasser nicht verstehen, obwohl sie im Prinzip mit der Kultur der Indígenas aufwachsen. Doch leider habe ich das Gefühl, dass sie nicht mit ihr sondern neben ihr aufwachsen.
Eine weitere Geschichte: Im Haus von Leonela gibt es keine Stühle, denn das Leben in ihrem Haus findet auf dem Boden statt. Deshalb hat Leonela bisher immer im Stehen Cello geübt; bisher. William hat ihre Mama nun gebeten einen Stuhl zu kaufen, denn im Sitzen ist Cello spielen eindeutig einfacher. :)
Während ich als nachdenke sind 2 Minuten vorbei und ein weiterer Kunde hätte gerne eine Aufladung. Tut mir Leid Señor, wir machen keine Handyaufladungen.

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