Samstag, 1. Dezember 2012

Tag 86

Handwerker zum Aufstehen, 2 neue Familienmitglieder beim Oma-Mittagessen, aber dafür ohne meine restliche Familie. Gastmama in der Farma, Michelle in der Schule, Gastpapa Fußball spielen und Gastbruder noch nicht aus Quito zurück. Mittlerweile ist es aber selbstverständlich, dass ich mit dem Opa zum Essen komme und es folgt die Begrüßungstour mit Küsschens und Nachfragen, wo der Rest ist. Heute neu in der Begrüßungsrunde: Schwester und Nichte meiner Gastoma. Beide leben in Kanada, laut der Nichte ist es das auch gut so. Mariela ist ca. 1,75 groß und damit hier ein RIESE. :) Ihr Onkel war größer und hat bei seiner Beerdigung nicht in den serienmäßigen Ecuadorsarg gepasst. Zu klein bzw. er zu groß :)
Nach dem Mittagessen mit Tortillas, Lerngruppe von Michelle.
Eigentlicher Plan: Eine Stunde Lerngruppe mit Referat vorbereiten bei ihrer Freundin, Lebensmittel im Megamaxi in der Mall einkaufen, um 8 Farma schließen und dann Film schauen.
Wirklichkeit: Michelle und ich kamen 1 1/2 Stunden zu spät zur Lerngruppe. 6 andere Mädels bereits geduldig am Warten. Bisher war ich außer in unserem Haus, in der Küche meiner Oma und der WG von Claras Freunden in noch keinem anderen ecuadorianischen Wohnhaus. Interessante Erfahrung. Auch hier sehr christliche Einrichtung. Bilder von Jesus, dem letzten Abendmahl und ein großes Kreuz. Ein großer Tisch mit Platz für 8 Leute wie auch bei uns, eher dunkle Einrichtung und alles irgendwie in meinen Augen nicht recht zusammenpassend. Aber es hat Charme.
Ich hatte viel Zeit mich umzuschauen, denn die Lerngruppe ging natürlich länger als eine Stunde. Zwischendurch noch ein kleiner Cafecito von der Oma mit warmen Käsebrötchen und Milch. Im scheinbar absoluten Milchtrinker-Land habe ich es ein bisschen schwer und habe dankend abgelehnt. Dabei konnte es natürlich nicht bleiben und nach 10 Mal Nachfragen, ob ich wirklich nichts will stand doch ein heißes Wasser vor mir. Die Guten haben noch extra Tee für mich gesucht und mir war es ziemlich unangenehm. Wirklich unangenehm.
Entweder muss ich lernen es einfach dankbar anzunehmen ohne rot anzulaufen oder anfangen Milch zu trinken.
Um 6 hat meine Gastmama uns abgeholt, direkter Weg zur Farma. Keine Einkäufe.
Farma für 2 Stunden wie ich dachte. Um 9, Michelle und ich gehen zum Schlafen ins Auto. Statt schlafen eine Stunde reden über Familie, Familiengeschichten, sie und mich. Darüber, dass Jhonna immer der Liebling ist und sie macht und tut und es doch nicht wertgeschätzt wird. Sie ihre Mama liebt, aber sie einfach zu viel für sie bestimmt und sich über sie hinwegsetzt. Darüber, dass ihr die Zeit zum Lernen fehlt, bei schlechten Noten Ärger bekommt und später eigentlich die Farmacía übernehmen möchte.
Währenddessen hat sie 4 Mal geweint und das letzte Mal als sie sagte, dass sie nächstes Jahr, wenn ich fliege nicht wieder alleine sein will. In diesen Momente realisiere ich einfach, dass ich mit anderen Werten aufgewachsen bin, dass ich diese in mir verinnerlicht habe und ich dankbar dafür bin. Dennoch habe ich meine Gastfamilie unglaublich ins Herz geschlossen. Mittlerweile bin ich einfach ein Teil vom großen Ganzen und in dem Moment in dem Michelle geweint hat wusste ich, dass auch ich in 9 Monaten weinend weggehen werde.
Vorher werden allerdings wohl die Freudentränen überwiegen, wenn ich an Weihnachten meine wirkliche, meine echte Familie in die Arme schließen kann. :) Statt Schnee hier allerdings nur Regen. Die Häuser nehmen aber auch hier langsam den "Berliner-Straße-Weihnachts-Style" an. In allen Fenstern blinken, leuchten und rotieren Weihnachtsbäume, Sterne und Lichterketten. Der Supermarkt in meinem Viertel ist reichlich mit künstlicher Tanne dekoriert und es gibt schon seit Anfang November "Feliz Navidad"-Tüten. Weihnachtsgefühle bewirkt das allerdings alles nicht.

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