Dienstag, 9. April 2019

Tag 19 - Gedanken

Ich habe wieder ein bisschen Schlaf aufgeholt und werde also tatsächlich bis Ende Juni in Mexiko bleiben - ich glaube eine frühere Heimreise stand eigentlich auch gar nicht zu Debatte. Mein Feedbackgespräch zu meinem Unterricht war positiv, auch wenn es durchaus einige sinnvolle Anmerkungen gab. So werde ich nun meine Teilnehmer sich einfach häufiger gegenseitig dran nehmen lassen, mein Tafelbild etwas ordentlicher gestalten und bei Hörübungen mehr Vorbereitungszeit geben. Alles machbar. 


Nach meinem Feedbackgespräch hatte ich in meinem Unterricht ein sehr interessantes Gespräch mit einem meiner „Schüler“ (der Gute ist fast 40 Jahre alt), welches mich sehr über Deutschland und unsere Einstellungen hat nachdenken lassen.


Das Unterrichtsthema war Städtereisen. Im Buch wurde die Stadt Dresden vorgestellt. Wir haben also ein bisschen über das Thema Reisen und Reisen in Deutschland gesprochen. Er selbst war schon häufiger in Deutschland. Vor ca. 10 Jahren bei seinem ersten Besuch hat er sich sehr wohl und willkommen gefühlt. Bei seinem letzten Besuch vor knapp 2 Jahren war das anders. Eine Situation ist ihm besonders in Erinnerung geblieben. Er bestellte sich im Norden von Deutschland ein Fischbrötchen. Es war ein etwas schickerer Laden und die Brötchen relativ teuer. Er wusste was die Brötchen kosteten, denn es hing eine große Preisliste über der Theke. Er bestellte und die Verkäuferin schaute ihn etwas musternd an und sagte: „Sie wissen, dass das fast 10 Euro kostet?“ Er bejahte und die Verkäuferin fragte erneut, ob er das Brötchen tatsächlich bestellen wolle. Ich kann nicht in den Kopf der Verkäuferin reinschauen und auch mein Schüler weiß nicht genau, was sie sich dabei dachte. Für ihn fühlte es sich jedoch einfach an, als schätze sie aufgrund seines reinen Aussehens ein, dass er sich das Brötchen nicht leisten könne. Leider gab es mehrere solcher Situationen. Er wurde sehr häufig für einen arabischstämmigen Mann gehalten und sobald er erzählte, dass er aus Mexiko komme und dort Deutsch lerne, änderte sich schlagartig das Interesse des Gegenübers und die Stimmung des Gespräches.

Es hat mich irgendwie nachdenklich werden lassen über Vorurteile, die glaube ich in unserer Gesellschaft ganz unterschwellig und nicht mal bewusst vorhanden sind. Auch ich erwische mich durchaus manchmal, dass ich verwundert bin, wenn sich ein Vorurteil nicht bestätigt. Und jedes Mal ärgere ich mich über mich. Wir haben anschließend noch weiter über das Thema Vorurteile und Gesellschaften gesprochen und er hat mir auch durchaus von positiven Begegnungen erzählt, dennoch hat mich die Geschichte beschäftigt und mir gezeigt, dass jede einzelne viel mehr an sich arbeiten sollte, um anderen nicht so ein Gefühl zu geben.

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