Statt den Schulbus um 6.25h nehme ich den öffentlichen Bus um 6.30h direkt vor meiner Haustür. Statt hoch in den Norden fahre ich heute Morgen einmal quer durch die Stadt auf die andere Seite der Autobahn. Ich fahre direkt in die Praxis. Denn heute schaue ich statt mit Mariale der anderen Logopädin auf dem Flur zu. Maria Patricia ist eine so unfassbar liebe Logopädin, dass mir nicht erklären kann, wieso so viele Kinder heute geweint haben. Möglicherweise lag es einfach nur am Tag oder am Störungsbild. Maria Patricia betreut vor allem Syndrom Kinder und myo-funktionelle Störungen. Die Zeit ist so verflogen, dass ich um halb 4 fast meine erste eigene Patientin vergessen hätte. Da Mariale heute nicht in die Praxis kommen konnte, habe ich eine ihrer Cochlea Implantat Patiententin übernommen. Auch wenn wir ähnliche Sachen gemacht haben wie gestern, als Mariale noch dabei war, war es trotzdem ein ganz anderes Gefühl nun alleine am Schreibtisch zu sitzen und die 30 Minuten hätten nicht schneller rumgehen können. Mein letzter Tag in der Praxis ist um 16 Uhr fertig, genau in dem Moment als der Regen und ein ziemlich lautes Gewitter beginnt. Auf den Straßen gibt es innerhalb von wenigen Minuten riesige Pfützen und die Fahrradfahrer auf Bogotástraßen sind nicht zu beneiden. Und obwohl die Fahrradwege ziemlich gut ausgebaut sind, findet man dennoch immer mal wieder den ein oder anderen Fahrradfahrer im dichten Verkehr oder auch mal auf der Autobahn.

Um 21 Uhr -meine eigentliche Schlafenszeit- holt mich José zu Hause ab und wir fahren zur La Calera, einem Aussichtspunkt von dem man über Bogotás Lichtermeer bei Nacht schauen kann. Wir fahren erst mal durch mir noch fremde Straßen Bogotás und irgendwann geht es einen Berg hinauf. Plötzlich aus dem nichts tauchen Menschen mit roten schwingenden Tüchern auf der Straße auf und rufen: „hier parken, Parkplatz, Parkplatz!“ Wir sind da. Hinter der Leitplanke ist ein bisschen Platz bevor es den Berg ganz schön weit runter geht. Auf diesem kleinen Platz werden Getränke, gegrillte Maiskolben, Süßigkeiten usw. angeboten. Außerdem bekommen wir sofort zwei Plastikstühle hingestellt. José nennt das alles provisorisch und kolumbianisch. Ich nenne es kreativ und mehr als geschäftsmännisch.
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